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Riesenmuscheln erhalten durch die Photosyn- in einem Überblick über die Lebensweise der Riesen- Die herzförmige Cor-
these ihrer Symbiosealgen Nahrungsmoleküle, mit muscheln bereits darauf hingewiesen. culum cardissa besitzt
denen sie ihre Ernährung vervollständigen (Fitt Symbiosealgen, die
1988). Zwar haben sie die für Muscheln üblichen Anatomie im Überblick sie hinter ihrer Schale
Kiemen beibehalten und filtern in artabhängig verbirgt.
unterschiedlichem Maß planktonische Schwebe- Die Organe der Riesenmuscheln werden von einem
nahrung aus dem Wasser, doch durch die Endsym- Mantelgewebe umhüllt, das fest mit der Innenseite 1 Ausströmsyphon
biose haben diese Tiere ein großes Maß an Un- der Schalen verwachsen ist. Die Muschel hat zwei 2 Herz
abhängigkeit von hoher Nährstoffdichte in ihrem paarige Kiemen, die dem Gasaustausch dienen und 3 Schließmuskel
Lebensraum erreicht. Ich halte diese Entwicklung Schwebeteilchen aus dem Wasser filtern. Weiterhin 4 Niere
für eine Reaktion auf die Nährstoffarmut des Was- haben die Tiere einen Mund, Speiseröhre, Magen und 5 Kiemen
sers bestimmter Meereszonen; Mollusken, die mit einen Darm. Eine zweilappige Niere dient der Gift- 6 Einströmsyphon
diesen Symbiosealgen in einer Gemeinschaft lebten, ausscheidung, und ein Herz pumpt eine Blutlymphe 7 Verdauungsorgan
konnten erheblich nährstoffärmere Riffbereiche be- durch ein einfaches Kreislaufsystem. Männliche und mit Gonadengewebe
völkern, als artverwandte Muscheln ohne diese Ei- weibliche Keimdüsen sind gleichzeitig vorhanden, 8 Byssusdrüse
genschaft, die ausschließlich auf das Filtrieren ange- ein Fuß und eine Byssusdrüse sorgen für den Halt am
wiesen waren. Je nährstoffärmer das Wasser war, Boden, und ein einfaches, gehirnloses Nervensystem Foto: Dr. John Norton
desto klarer und sauberer pflegte es zu sein; um so durchzieht die Körpergewebe des Tieres.
tiefer und kräftiger drang also auch das Sonnenlicht
in das Wasser. 1
Yonge (1975) vermutete bereits, dass es die En- 4 2 56
dosymbiose und die dadurch verbesserte Ernährung 2 8
war, die es den Riesenmuscheln ermöglichte, die
für Muscheln üblichen Größen um ein Vielfaches zu 7
überschreiten. Allerdings ist diese Endsymbiose mit
der Alge Symbiodinium microadriaticum, die der
Amerikaner Dr. Hugo Freudenthal in den 60er-Jahren
im Rahmen seiner Doktorarbeit wissenschaftlich be-
schrieb, auch unter den übrigen marinen Wirbellosen
bei Weitem nicht einmalig. Die meisten Korallen
der flachen und tieferen Riffbereiche haben diese
Ernährungsweise für sich entwickelt; Steinkorallen
und Weichkorallen der verschiedensten Arten be-
herbergen ebendiese Algen in ihrem Körper. Ein we-
sentlicher Unterschied zeigt sich allerdings zwischen
diesen Korallentieren und den Riesenmuscheln; bei
den Korallen sitzen diese Mikroalgen intrazellulär,
also im Inneren der einzelnen Gewebezellen, wäh-
rend sie bei den Riesenmuscheln extrazellulär, also
im Zellenzwischenraum außerhalb der eigentlichen
Gewebezellen in einem speziellen Kanalsystem des
Mantellappens leben. Zu Beginn des Buches wurde
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