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für den nordamerikanischen Aquaristikmarkt. Ex- tisch stimmen könnte. Zumindest theoretisch denkbar
porte nach Europa sind aus dieser Region erheblich wäre es in Thailand, wenigstens einige Riesenmuschel-
aufwändiger, teurer und verlustbehafteter, so dass arten kommerziell für die Aquaristik zu vermehren,
man sich – neben Exporten nach Japan – fast aus- um den europäischen Markt zu beliefern.
nahmslos um den amerikanischen Markt bemüht.
Die Folge ist, dass farmgezogene Riesenmuscheln Nachzucht in Muschelfarmen
im europäischen Aquaristikmarkt Mangelware sind,
und an diesem Engpass wird sich in Europa auf ab- Die enorme Bedrohung, der die Riesenmuscheln
sehbare Zeit wohl kaum etwas ändern. weltweit ausgesetzt sind, macht die großen Bemü-
hungen um ihre Nachzucht verständlich. Dabei hat
Der Transport von Nachzuchtmuscheln aus Mik- man aber nicht nur die Arterhaltung dieser Mollusken
ronesien nach Europa ist zwar machbar, erfordert im Auge, sondern auch die Produktion von Nährstoff
aber großes logistisches Geschick und verursacht eiweiß mit Hilfe ihres rapiden Körperwachstums. Das
sehr hohe Kosten. Versuche mit einer Zwischenhälte- Grundkonzept bestand aus mehreren Einzelphasen,
rung in Kalifornien, die ich in den späten 90er-Jahren von denen die letzte darin bestand, dass die örtlichen
machte, um einen langen Flug in zwei kürzere zu Fischergemeinschaften kleine Nachzuchtmuscheln
teilen, komplizierten die Angelegenheit erheblich, zur Marktreife heranziehen sollten. Mit solchen
weil sie zusätzlich Kosten und administrative Friktion Aufzuchtfarmen, die prinzipiell ähnlich arbeiten wie
verursachten. Darüber hinaus wurden die schönsten eine Algenfarm, hoffte man, den Menschen eine Ein-
Exemplare in Kalifornien regelmäßig als Totankunft kommensquelle zu verschaffen und gleichzeitig eine
(DOA) deklariert, so dass nur weniger attraktive Ex- große Menge an Riesenmuscheln für den Nahrungs-
emplare auf den Weiterflug nach Europa gingen. mittelmarkt produzieren zu können. Durch das grö-
ßere Angebot von Riesenmuschelfleisch würde – so
Theoretisch wäre der Mittlere Osten ideal, um zu- die Überlegung der Strategen – der Weltmarktpreis
mindest die drei im Roten Meer vertretenen Arten sinken, was den illegal operierenden Riesenmuschel-
T. maxima, T. squamosa und T. costata in Farmen Sammelschiffen den Wind aus den Segeln nehmen
intensiv zu vermehren, in nur wenigen Flugstunden würde, denn dann wäre das Geschäft kaum noch
Entfernung zum europäischen Markt, doch hier lohnend. Und so ganz nebenbei wollte man dabei
scheint mir übertriebener Optimismus unange- auch viele Tiere für die Wiederansiedlung in natür-
bracht. Nachzuchtversuche von Dr. Hilly Roa-Quiaoit licher Umgebung produzieren und neue Riesenmu-
im Mittleren Osten (Jordanien) im Rahmen eines schelkolonien gründen, die sich schließlich selbst
Projektes des Zentrums für marine Tropenökologie fortpflanzten, um ihre Population zu erhalten oder
(ZMT) in Bremen waren zwar prinzipiell erfolgreich, gar zu vergrößern.
versprachen aber keine kommerziellen Erfolge. Die
Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht Eine der Organisationen, die in der Entwicklung
waren dort erheblich größer als in Asien, was nachts der Nachzuchttechniken eine Schlüsselrolle spielten,
eine sehr kostenaufwändige Beheizung erforderlich war das Micronesian Mariculture Demonstration
machen würde. Darüber hinaus gab es erhebliche Centre (MMDC) in Palau. Hier wurden in den 70er-
Probleme, u. a. in der Infrastruktur. und 80er-Jahren wertvolle Erkenntnisse gesammelt,
um die künstliche Vermehrung der Riesenmuscheln
Asien wäre für die Farmproduktion von Riesenmu- vom Laborversuch zur Massenkultur weiterzuentwi-
scheln für den europäischen Aquaristikmarkt ideal, ckeln. Auch die Marine and Coastal Research Unit der
doch zumindest gegenwärtig, beim Verfassen dieser Universität von Papua Neuguinea (Motupore Island
Zeilen, ist in Indonesien und auf den Philippinen auf po-
litischer Ebene keine Entwicklung in Sicht, die optimis-
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