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Riesenmuscheln im Meer

Fossile Tridacna-       Riesenmuscheln – Seeungeheuer oder                        Eigentlich ist es paradox, dass auch die kleinste
gigas-Schale vor dem    harmlose Mollusken?                                    Tridacna-Art T. crocea ausgerechnet den Populär-
Heimatmuseum einer                                                             namen „Riesenmuschel“ trägt – an Größe übertreffen
philippinischen Klein-     „Mördermuscheln“ werden sie genannt, auf            sie viele Austern mühelos. Aber diese Bezeichnung
stadt.                  Neudeutsch „Killer Shells“. Tatsächlich aber verbirgt  geht vor allem auf die erheblich größeren Tridacna-
                        sich hinter dieser furchterregenden Bezeichnung ein    Arten zurück, vor allem T. gigas. Dieser Gigant unter
                        Wesen, das bestenfalls das Bedrohungspotenzial         den Mollusken war schon immer Stoff für Legenden,
                        eines Eichhörnchens erreicht. Die Familie Riesenmu-    ähnlich wie Riesenkraken, die mit suppentellergroßen
                        scheln, wissenschaftlich Tridacnidae, enthält völlig   Saugnäpfen an ihren Armen angeblich Schiffe in die
                        harmlose Mollusken, die eben nur größer werden als     Tiefe gerissen haben sollen. Zwar gibt es tatsächlich
                        andere, weil sie eine ausgesprochen raffinierte Er-    Riesenkraken, wie Jacques-Yves Cousteau aus eigener
                        nährungsstrategie entwickelt haben.                    Beobachtung von Fahrten mit Forschungs-U-Booten
                                                                               schilderte (1973), doch was dabei ans Licht kam,
                                                                               war weitaus nüchterner, als die fantasiegetragenen
                                                                               Schilderungen von Rum benebelter Schiffskapitäne
                                                                               in düsteren Hafenkneipen vergangener Epochen.

                                                                                  Erstaunlich ist der schnelle Wandel, den das An-
                                                                               sehen der Riesenmuscheln in den vergangenen vier
                                                                               Jahrzehnten in der westlichen Welt erlebt hat, denn
                                                                               das Bild, das wir heute von diesen großen Weichtieren
                                                                               haben, ist erheblich sachlicher. Niemand glaubt heute
                                                                               noch an Seeungeheuer wie gefährliche Monster-
                                                                               kraken oder Mördermuscheln. Oder besser gesagt,
                                                                               fast niemand; ein großer privater Fernsehsender mit
                                                                               drei Großbuchstaben im Namen präsentierte seinen
                                                                               deutschen Zuschauern im Jahr 1997 zwischen Haien
                                                                               und Piranhas „Mördermuscheln“ als „gefräßige Scha-
                                                                               lentiere“, die „im Riff Taucher festhalten“ können
                                                                               (O-Ton des Kommentators). Trotz korrigierender Hin­
                                                                               weise von Außenstehenden wurde die Sendung in
                                                                               drei Wiederholungen ausgestrahlt.

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