Page 102 - Dähne Corporate Publishing - Leseprobe Gardena
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Verkauf ohne Not
Frank König, der als Redakteur
der Regionalzeitung „Südwest
Presse“ Gardena seit Jahren be-
gleitet, stellt noch Anfang 2012 in
einem Leitartikel fest, „der Ver- Ein überraschender Verkauf
kauf von Gardena durch die Fir-
mengründer 2001 (sei) ohne jede Doch Verzweiflung weshalb? Gut, Kress hat nur noch einen ge-
Not“ erfolgt. Die FAZ spekuliert in ringen operativen Durchgriff im Unternehmen, menschlich kriselt
diesem Zusammenhang ihrerseits es mit dem CEO und mit anderen Vorstandsmitgliedern, hinzu
über „Bauchentscheidungen“, „ir- kommt eine gewisse Entfremdung mit alten Kampfgefährten und
rationalem Verhalten“, „verletzten eine familieninterne Lösung scheint auch nur schwer vorstellbar.
Stolz“ und „Männerrivalitäten“. Werner Kress hält sich bis heute bedeckt, wenn man ihn nach
Werner Kress jedoch betont, es seinen Verkaufsgründen im Jahr 2001 fragt. Für ihn ist der Verkauf
jederzeit wieder so zu machen eine weitere Etappe des Übergangs von der Bildung einer AG im
wie 2001. Jahre 1996 zur Veräußerung der Stammaktien – fertig, mehr er-
Eberhard Kastner meldet sich sei- fährt man auch nach einigem Nachfragen nicht. „Das größte Risi-
nerseits während des Verkaufs- ko ist, zu lange zu warten“, sagt Werner Kress in Hinblick auf die
prozesses mit eigenen Pressemit- Notwendigkeit einer rechtzeitigen Nachfolgeregelung. „Wenn es
teilungen zu Wort. erst zum Erbfall kommt, sind die Familienangehörigen durch die
Erbschaftsteuer massiv belastet, oft sogar überfordert“ (so Wer-
ner Kress in einem Interview mit der FAZ am 30.12.2003). Doch
wie auch immer, jetzt stellt sich nur noch die Frage, an wen Kress
denn eigentlich veräußern will.
„Das war natürlich ein großes Aufregen – ich habe bei den Kol-
legen vor allem Überraschung, Unglauben und Ratlosigkeit wahr-
genommen“, schreibt Heribert Wettels, der gerade am 1. Septem-
ber 2001 seine Stelle bei Gardena angetreten hat, zur Meldung,
dass sein Unternehmen verkauft werden soll. „Als Neuling fühlte
ich mich davon weniger betroffen, nahm aber diese Stimmung na-
türlich als bedrückend wahr. Und dann kam obendrauf noch der
11. September mit den Anschlägen auf das WTC in New York. Das
gab der Gemütslage den Rest.“
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