Page 56 - terraristik Ausgabe 4/2014
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1 Phase 1: Die gesamte Bauchseite liegt auf dem warmen Felsen, der Rücken ist der Sonne zugewandt: Maximale Wärmeaufnahme von unten und
oben. 2 Phase 2: Die Vorderbeine stemmen den Körper hoch: Der Kontakt zur warmen Felsoberfläche wird reduziert. 3 Übergang Phase 2 zu 3:
Der Chuckwalla dreht sich um 180°, um den Rücken von der Sonne abzuwenden. 4 Phase 3: Der Rücken liegt nun im Körperschatten. Die Sonne
trifft von vorne auf das Tier und damit auf weniger Hautfläche. 5 Phase 4: Vorder- und Hinterbeine stemmen den Körper von der heißen Felsober-
fläche weg, der Chuckwalla hat genug Wärmeenergie aufgenommen. 6 Phase 5: Da der Körper nun die nötige „Betriebstemperatur“ erreicht hat,
In dieser Stellung wird nur noch ein Mi- die Hinterbeine stemmen den Körper er sich platt auf die kühlere Steinober-
nimum an Hautfläche der Sonne prä- vom Boden hoch. Ein weiterer Kontakt fläche.
sentiert. Ihre Strahlen treffen nicht der Bauchhaut zur immer heißer wer- Es ist das gleiche Prinzip wie an-
mehr senkrecht auf den breiten Rü- denden Felsoberfläche würde die Kör- fangs beim Aufheizen, nur funktioniert
cken, sondern streifen Kehle und Brust pertemperatur zu stark erhöhen. Die es jetzt umgekehrt. Jetzt gibt er über-
nur flach, das heißt ihre Wärmeenergie optimale Temperatur ist erreicht, die schüssige Wärme ab: über die Haut am
wirkt nicht mehr so intensiv. Der Rü- Nahrungssuche kann beginnen. Rücken an die Luft, über die Haut am
cken liegt nun weitgehend im eigenen Die vorher so träge erscheinenden Bauch an den Felsen. Ist die Körper-
Körperschatten. Echsen bewegen sich jetzt erstaunlich temperatur hinreichend gesenkt, ver-
Manche Chuckwallas suchen sich flink. Mit hohem Tempo laufen sie über lässt er seinen Schattenplatz, um er-
gegen Ende dieser Phase gezielt einen heiße Felsflächen, springen von Bro- neut zu fressen.
Felsen mit einer schrägen Fläche aus. cken zu Brocken und erreichen schließ- Da die Vegetation in seinem Felsbio-
Sie stützen sich dort mit den Vorder- lich die tiefer liegenden Areale ihres top nur spärlich wächst, ist er damit
beinen an der oberen Kante hoch und Territoriums, wo die spärlichen Wüs- mehrere Stunden am Tag beschäftigt.
gleiten mit den Hinterbeinen auf die tenpflanzen wachsen, die ihnen als Bis zum Nachmittag pendelt er so
sonnenabgewandte Seite des Felsens, Nahrung dienen. ständig hin und her. Am Spätnachmit-
so dass ihr Rücken komplett beschat- Inzwischen ist es Mittag geworden. tag, wenn es kühler wird, schaltet er
tet ist. Fels- und Lufttemperatur in der Sonne wieder ein paar kurze Aufwärmphasen
übersteigen bei Weitem 40 °C. Der ein.
die Suche beginnt Chuckwalla unterbricht jetzt seine Nah-
rungssuche immer wieder durch minu- tiefe Felsspalten
Die vierte Phase dauert nur wenige Mi- tenlangen Rückzug in den Schatten ei-
nuten. Nicht nur die Vorderbeine, auch nes überhängenden Felsens. Dort legt Im Hochsommer allerdings zieht sich
der Chuckwalla über Mittag in eine tiefe
Felsspalte zurück. Dann beträgt näm-
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Verhalten statt organe lich die Lufttemperatur im Schatten
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knapp 40 °C, die Felstemperatur knapp
38 °C. Das Pendeln zwischen Sonne
und Schatten reicht nicht mehr aus, um
die Körpertemperatur zu senken, denn
das Temperaturgefälle ist zu gering. In
einer Felsspalte, wo nie Sonne hin-
kommt, bleibt dagegen die Temperatur
nahezu konstant auf Werten zwischen
30 und 35 °C, in größerer Tiefe ist es
sogar noch kühler, denn das Gestein
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