Page 14 - diy Fachmagazin Ausgabe 11/2021
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Titel THW Interview
„Es wurde Unglaub
liches geleistet“
Das Technische Hilfswerk (THW) war nach dem JuliHochwasser in
NordrheinWestfalen und RheinlandPfalz stark gefordert – ein
Interview mit Kai Pietsch, Referatsleiter Einsatz in der THWLeitung.
Seit der Flutkatstrophe ist ei- Jahr den größten Einsatz ver- pen vor Ort individuell an die Ge-
nige Zeit vergangen. Haben Sie zeichnen können, den das THW gebenheiten anpassen können.
einen Überblick darüber, wie bis dahin bewältigen musste. Und die Helferinnen und Helfer
viele Arbeitsstunden THW-Mit- unserer Fachgruppen „Brücken-
arbeiter seitdem geleistet ha- Was hat sich in der Zwischen- bau“ sind richtige Profis auf die-
ben? zeit getan, hat sich der Einsatz- sem Gebiet.
schwerpunkt geändert?
Kai Pietsch: Wir hatten bis jetzt Die Helfer des THW sind wie
mehr als 14.000 THW-Kräfte Zu Beginn waren unsere Schwer- andere Einsatzkräfte hin und
mindestens einmal im Einsatz punkte Pumparbeiten, Men- wieder Übergriffen ausgesetzt
und haben so schon nach neun schenrettung, Evakuierung und gewesen. Wie tritt das THW
die Notversorgung der Bevölke- dem gegenüber?
rung. So haben wir zum Beispiel
mit neun Anlagen Trinkwasser Unsere Erfahrung ist, dass die
aufbereitet und mit mehr als 40 Betroffenen sehr dankbar für
Teams Notstrom in den betrof- die Hilfe sind. Man muss aber
fenen Regionen erzeugt. Mit der auch verstehen, dass auf Kata-
Dauer des Einsatzes haben sich strophen von diesem Ausmaß
dann auch die Schwerpunkte Menschen sehr unterschiedlich
für uns verändert. So werden reagieren können. Auch wenn
jetzt verstärkt der Brückenbau es die absolute Ausnahme ist,
und die Notinstandsetzung der hat es während des Hochwas-
Infrastruktur bei uns angefordert. sereinsatzes in Rheinland-Pfalz
Als einzige zivile Einsatzorgani- und Nordrhein-Westfalen ver-
sation, die Brücken bauen kann, einzelte, meist verbale Über-
sind wir jetzt mit dieser Spezi- griffe auf THW-Einsatzkräfte ge-
alfähigkeit besonders gefragt, geben. Auch wenn wir diese An-
weil zum Beispiel im Ahrtal 57 griffe auf das THW und auf un-
Kai Pietsch ist Referatsleiter Einsatz Wochen die Marke von zwei Milli- von 112 Brücken ganz oder teil- sere Einsatzkräfte nicht tolerie-
in der THWLeitung in Bonn. onen Einsatzstunden überschrit- weise zerstört sind und dies die ren, können wir nachempfinden,
ten. Weil es abzusehen ist, dass Bewohnerinnen und Bewohner dass sich diese Menschen in
der Einsatz noch eine Weile dau- sehr in ihrer Bewegungsfreiheit einem emotionalen Ausnahme-
ern wird, gehen wir davon aus, einschränkt. Aber nicht umsonst zustand befinden. Wir behalten
dass wir vom Umfang her die ist das ja eine unserer Kern- uns aber auch vor, Übergriffe bei
großen Hochwassereinsätze in kompetenzen: Wir haben unter- der Polizei anzuzeigen. Unseren
den Jahren 2002 und 2013 über- schiedliche Brückentypen zur eigenen Einsatzkräften machen
treffen werden und damit dieses Verfügung, die unsere Fachgrup- wir stets das Angebot, sich nach
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