Page 15 - diy Fachmagazin Ausgabe 03/2020
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den und damit weisungsbefug- nehmenskultur, zahlreiche Pro- nige davon der Fachpresse Ende nen Mediationsprozess ausge-
ten Geschäftsführer ernannt zesse – alles kam und steht im- des Jahres in Soltau. Die Hage-
wurde. Damit entwickelte sich mer noch auf dem Prüfstand. bau als perpetuierendes Start- löst. Die Fachpresse, die über
die Hagebau-Spitze von einem Man werde, so Schuller 2018 in up-Unternehmen: Dem Bericht-
eher kollegial arbeitenden hin zu Dresden, wegen des „Digitalisie- erstatter der diy fiel auf: „‘Erneu- die Vorkommnisse berichtete,
einem stärker hierarchisch aus- rungs-Tsunamis“ „das Hagebau- erungsprozess‘, ‚Veränderung‘,
gerichteten Führungsgremium. Geschäftsmodell an die Erforder- ‚strukturierte Weiterentwicklung‘, wird seitdem nicht mehr zu Ge-
nisse der Zeit anpassen“. „Das ‚DNA‘, ‚Kulturwandel‘, ‚Spirit‘ und
„Der Soltauer Weg“ – Im Laufe klingt nach Paradigmenwech- immer wieder ‚agil‘ – solche Be- sellschafterversammlungen ein-
der nächsten Jahre schmückten sel, und da ist die Frage erlaubt, griffe fallen, wenn Aufsichtsrats-
noch weitere Sprechblasen den wie dieser denn geschehen soll. chef Johannes Schuller und Jan geladen. Auch zu der Hagebau-
„digitalen Transformationspro- Der Wandel, der die Hagebau er- Buck-Emden, Vorsitzender der
zess“ der Kooperation: „Zukunfts- fassen soll, soll ja offensichtlich Geschäftsführung,“ das Vorha- Messe im Februar in Köln (früher:
initiative Hagebau X“, „Zukunfts- nicht nur technologischer Natur ben erklären.
konvent“, „New Deal“ und ganz sein – was aufwändig und kost- Zeus-Messe) ist ihr Erscheinen
aktuell „Evo“, wobei der Begriff spielig sein wird“, stellte ein Bei- Nach und nach verabschie-
für „Evolution“, der Weiterentwick- trag in diy im August 2018 fest. dete man sich von altgedienten nicht mehr erwünscht.
lung der Organisation, stehen soll. Führungsleuten, die den neuen
Dass man damals Fehler ge- „Soltauer Weg“ nicht mitgehen Das Personalrad des Schick-
Die Doppelspitze Schuller/ macht habe und in die falsche konnten oder wollten. Heribert
Buck-Emden arbeitet seit 2017 Richtung galoppiert sei, räumt Gondert, Volker Treffenstädt, Kai sals rotierte in Soltau auf jeden
mit dem Mittel der „Disruption“ Buck-Emden ein. Nach einer Kächelein, Jörg Westergard, Jo-
daran, der Hagebau ein neues 360-Grad-Analyse Ende 2017 hannes Lensges, Dr. Ralph Es- Fall kräftig. Allein man hatte den
Gewand zu verpassen. Struk- wurde das Projekt „neu justiert“, per, Nina Lemmerz-Sickert, Dirk
turen in der Zentrale und in der sagte er diy gegenüber: „Wir Töpfer, Andreas Dietrich, Oliver Eindruck, dass außer personel-
Geschäftsführung, die Unter- mussten uns mit der Unterneh- Arp – die Liste ist unvollständig
menskultur beschäftigen.“ Das – verließen die Hagebau in den len Neubesetzungen wenig Kon-
sei die große Herausforderung vergangenen zweieinhalb Jah-
gewesen: dass man erkannt ren. Und auch die Neupositionie- kretes aus der Heide zu vermel-
habe, parallel an zwei Dingen rung von Hartmut Goldboom als
arbeiten zu müssen, nämlich Direktor mit Generalvollmacht den war, was zum Thema „di-
„das Neue machen und auf der passt in dieses Bild. Die Aussage
anderen Seite die Kultur weiter- von Jan Buck-Emden im Zusam- gitale Transformation“ passen
entwickeln“. menhang mit der Neuaufstellung
der Geschäftsführung Anfang wollte.
Ab Juni 2018 sollte der Wan- November 2019: „Wir müssen
del aus eigener Kraft, mit eige- unsere Gesellschafter mit allen So sollte die neue Struktur
nen Mitteln und mit eigenem unseren Möglichkeiten dabei un-
Know-how funktionieren. Man terstützen, dass sie für unsere der Soltauer Zentrale eigentlich
setze, so hieß es in Soltau, „auf Kunden erstklassige Leistungen
die Schwarmintelligenz der Mit- erbringen können“, kann auch bis Ende 2018 feststehen. Doch
arbeiter“, eine „Zukunftsinitia- als Ohrfeige für die ausgeschie-
tive“ (Hagebau X) – bestehend denen beziehungsweise „um- erst jetzt will man dieses Thema
aus rund 40 Mitarbeitern – ar- funktionierten“ Geschäftsführer,
beitete in sechs Projektgruppen, Bereichs- und Abteilungsleiter mit dem „Effizienzprogramm
„Streams“ genannt, an neuen verstanden werden. Ähnliche
Modellen, Entwicklungsmöglich- Aussagen auf der Dresdner Ge- ‚Evo‘ aktiv angehen. Die Gesell-
keiten, Prozessen und Struktu- sellschafterversammlung 2018
ren. Erste Ergebnisse sollten bis hatten ja ebenfalls intern für Ver- schafter benötigten, so Johan-
Ende des Jahres vorliegen, und ärgerung gesorgt und sogar ei-
tatsächlich präsentierte man ei- nes Schuller, „eine schlagkräf-
tige und schlanke Zentrale“. Und
Buck-Emden ergänzt: „Mit dem
Projekt ‚Evo‘ schaffen wir jetzt
Strukturen, die diesen Ansprü-
chen genügen.“ Auch hier ist
man nicht vor Worthülsen ge-
feit: „Man folge dabei dem Leit-
satz ‚structure follows strategy‘,
nach dem sich die Struktur eines
Unternehmens der Strategie an-
passen müsse.“ „Begleitet“ wer-
den soll „Evo“ von der Unterneh-
mensberatung Oliver Wyman –
da klingeln schon bei vielen in
Soltau die Alarmglocken. Kom-
mentar eines Beobachters: „Was
die brauchen, ist nicht ‚Evo‘, die
brauchen Epo!“ Und mal wieder
sollen die Ergebnisse bis Jah-
resende vorliegen. Noch kann
gewettet werden. n
Dr. Joachim Bengelsdorf
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