Page 17 - diy Fachmagazin Ausgabe 03/2020
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Amazon auch schon bald in Deutschland mit stationären Abholung-
Geschäften, vielleicht auch demnächst mit Baumaterialien oder in
Kooperation mit einem der europäischen Konzerne?
dem seine Einzelkompetenzen – tenzen unterstrichen und desto
mit einem großen Lieferzentrum besser kann sich das Omni-
vor der Stadt oder aber mit der Channel-Konzept entfalten. Und
Nutzung des nächstgelegenen je mehr dichtere und dauerhafte
Großformats als Stützpunktlager Flächenpräsenz, desto mehr
für die kleineren Formate. wird die Unternehmensmarke mit
Ihren Kompetenzen penetriert.
Chance „Kundennähe“
Der wichtigste Erfolgsfaktor Zusammengefasst
liegt aber darin, sich die Um- Zukünftig entscheidet die Kun-
gebung des neuen Ladenge- dennähe über die Wahl der Bau-
schäftes genau anzuschauen. markteinkaufsstätte.
Was brauchen die lokalen Kun-
nächstgelegene Baumarkt der bin der Meinung, dass die meis- den von meinem Sortiment oder 1. Customer Centricity:
Stammbaumarkt eines Kunden. ten Händler die Lösung zur Ex- von meinen Services hier? Ist Lokale Nähe der Baumärkte
Das Standardgroßformat bietet pansion und die Antwort auf es ein spezielles Kompetenzfor-
jedoch nicht die Lösung. Das ha- Amazon bereits im Haus haben. mat oder vielleicht nur das redu- durch mehr stationäre Kontakt-
ben die Baumarktkonzerne er- zierte Baumarktsortiment des punkte und Click-&-Collect-Ab-
kannt und probieren sich in Klein- Stationäre Stärken nutzen täglichen Bedarfs für die Miet- holpunkte mit in wenigen Stun-
formaten. Mal mehr, mal weniger Bauhaus, Hornbach, Hagebau, wohnung? Jedes Geschäft wird den abholbereiter Ware.
erfolgreich. Das Ziel: möglichst Globus, Obi und Toom stehen für wohl am besten unterschiedlich
viele Kontaktpunkte für ein funk- die große Bau- und Gartenmarkt- sein – eben am Kunden vor Ort Filetierung in Kompetenzfor-
tionierendes Click-&-Collect-Ge- kompetenz. Jeder dieser Händler und nach seinem Bedarf ausge- mate und an die lokalen Kunden-
schäft. Häufig wird jedoch eher hat Kompetenzschwerpunkte so- richtet. Customer Centricity pur. wünsche angepasste Formate
an die Vervielfachung des einen wie gut ausgearbeitete Shop-in- Die Chance liegt also auch nicht statt Multiplikation von Stan-
entwickelten neuen Formats ge- Shop-Systeme. Warum sollte also in der Multiplizierung eines weite- dards. Jeweilige Adaption des
dacht, als den Blick auf den Kun- ein Bauhaus oder ein Hornbach ren kleinen Standardformats. Es Sortiments an den Bedarf der
den und den Bedarf in der loka- nicht ihre Kompetenzabteilungen, führt der Kundenbedarf vor Ort. nah zu versorgenden Kunden
len Umgebung zu richten. Im wie die „Bäderwelt“ oder das (zum Beispiel „Amazon Fresh“)
kleinen Markt soll das gleiche „Haus des Bades“, eine Boden- Kleiner, feiner, zu einem fairen Preis.
Sortiment, die gleiche Kompe- welt, ein Türenstudio oder eine Be- sichtbarer, näher
tenz wie in einem großen Markt schattungsboutique in ein eigenes Viele Handelskonzerne werden Jeweils mit Pickup-Abholsta-
gezeigt werden. Das kann nur Fachzentrum extrahieren? Natür- in diesen kleineren Fachformaten tion.
bedingt funktionieren, weil der lich mit angedocktem Abholcenter zunächst die Gefahr des ganz-
(lokale) Kunde hier nur bedingt der bestellten Ware aus den über heitlichen Kompetenzverlustes 2. Markennähe:
berücksichtigt wird. Das Ergeb- 100.000 Artikeln des Webshops. sehen, denn es widerspricht der
nis strahlt zudem nicht die glei- Und warum sollte Bauhaus nicht Grundidee des stationären One- Viele Abholpunkte schaffen
che Kompetenz aus wie ein gro- seine „Nautic“ Bootszubehörab- Stop-Shoppings aus dem letzten
ßes Haus; die Beratungsqualität teilung nicht in die Nähe aller rele- Jahrhundert (treffend mit der Obi Sichtbarkeit, Omnipräsenz und
der wenigen Verkäufer in diesem vanten Meer-, See- und Flusskon- Kampagne „Bei Eisen-Karl oder
kleinen Markt eingeschlossen. Es takte positionieren? bei Obi“ vermarktet) und dem Markennähe. Ein Baumarktbetrei-
kann nicht jeder Verkäufer in je- alten Gesetz „Masse verkauft
dem Hausprojekt gleich fit sein. Die Rück-Filetierung eines gro- Masse“. Die Transformation ist ber ist dann zehn Mal in Hamburg
ßen Marktes in Fachzentren oder schmerzhaft und erfordert viel
Und dennoch glauben viele Kompetenzstudios erscheint inso- Veränderung, aber die neue Ära vertreten statt bisher nur einmal.
Händler an die Kraft des statio- fern sinnvoll, als dass man damit bietet vor allem Chancen.
nären Handels und an die Glaub- ein dichtes Netz von vielen Kon- Fachgeschäfte schaffen
würdigkeit einer guten persönli- taktpunkten in einer Stadt gene- Zudem: Je mehr stationäre
chen Beratung. Ich teile diese rieren kann. Der Händler ist quasi Kompetenzpunkte, desto besser Vertrauen, unterstreichen Kom-
Sichtweise zu 100 Prozent und omnipräsent und unterstreicht zu- werden die Fachhandelskompe-
petenzen und geben der Marke
Substanz. n
Marc Kreisel,
Marketing-
experte
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