Page 93 - Dähne Corporate Publishing - Leseprobe Gardena
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Irrungen – Wirrungen












                   Ein teilweise schmerzhafter Prozess – die beiden Gründerfamilien


                   verabschieden sich



                   Retrospektiv betrachtet fällt es nicht leicht, den Über-  ten Ereignisse, die bis in die Gegenwart hinein- bezie-
                   gang von Geschichte zu Zeitgeschichte und von letzte-  hungsweise sich immer noch auswirken.
                   rer wiederum zur zeitlich so empfundenen Gegenwart    Für Gardena kann man diesen Übergang in den Jah-
                   zu definieren. Denn das System der Übergänge ist dy-  ren 1997 bis 2002, also um die Jahrtausendwende, fest-
                   namisch. Was heute Gegenwart ist, wird in fünfzig Jah-  machen. In den vergangenen 15 bis 20 Jahren hat das
                   ren mit großer Wahrscheinlichkeit Geschichte sein. Un-  Unternehmen die unterschiedlichsten Herausforderun-
                   ter dem Begriff „Zeitgeschichte“ werden heutzutage, al-  gen meistern müssen. Einige Mitarbeiter haben das Un-
                   so im Jahr 2016, im Allgemeinen die Ereignisse subsu-  ternehmen zwischenzeitlich verlassen, andere sind im-
                   miert, die nach dem Zweiten Weltkrieg stattfanden. Das   mer noch aktiv und auch neue Entscheidungsträger sind
                   Vorhandensein von Zeitzeugen spielt da eine große Rol-  dazu gestoßen. Das führt zwangsläufig zu subjektiven
                   le. Doch kollektives Gedächtnis funktioniert meiner Mei-  Interpretationen, zu Unsicherheiten in der Analyse.
                   nung nach anders. Wenn man den Generationenbegriff    Vielleicht lässt sich der Wandel eines Unternehmens
                   als Grenzlinie benutzt, dann kann man frühere Ereignis-  und seiner Kultur beispielhaft am Punkt „Personal“ fest-
                   se grob in 25-Jahresabschnitte einteilen. Die neue jün-  machen. Als Ulrich Rettinger 1989 zu Gardena kommt,
                   gere Generation empfindet das Geschehen bis 1990 als   gerät er nach eigenem Empfinden in ein Unternehmen,
                   Geschichte, die ältere wohl häufig eher noch als Zeitge-  das gerade seine Boomzeit erlebt. Durch das starke na-
                   schichte.                                          türliche Wachstum von Gardena, durch die Expansion
                      Historische Prozesse scheinen, benutzt man den Ter-  in die neuen Bundesländer und nach Mittel- und Ost-
                   minus „Geschichte“, abgeschlossen. Denkt man in zeit-  europa sowie durch Firmenzukäufe steigt die Angestell-
                   historischen Kategorien, so ist noch Einiges im Fluss,   tenzahl sprunghaft an. Gerade im Bereich Logistik wird
                   noch nicht festgelegt, hat Auswirkungen bis heute. Das   damals kräftig Personal aufgestockt – das dann später
                   ist dann auch genau das Problem: Zeithistoriker und   durch die zunehmende Technisierung wieder abgebaut
                   Gegenwartsanalysten begeben sich quasi freiwillig aufs   wird. Die 1999 durch die Eröffnung des neuen Euro-Lo-
                   Glatteis vieler möglicher Zukunftsszenarien. Sie bewer-  gistikzentrums in Ulm erfolgte Umstellung der Kommis-



                   Auch in bewegten Zeiten geht die Produktion weiter. Umsatz-
                   mäßig meldet Gardena um die Jahrtausendwende sogar Spit-
                   zenwerte.
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