Page 45 - Gartenteich Ausgabe 02/2019 - Zeit fürs Hobby
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Egal für welche Methode man sich entscheidet, zuvor muss   der neuen Koralmbahn. Hierfür legten wir im Grazer Stadt-
                 man wissen, ob man solch eine Natürlichkeit bzw. „Wildnis“   gebiet großflächige Natur-Wiesenflächen mit heimischen
                 im Garten haben möchte. Dies kann man sich recht leicht   Wildkräutern an. Vielfach mussten wir uns Anfeindungen
                 selbst beantworten, indem man sich ehrlich fragt: Gefällt es   der Anrainer gefallen lassen, die ihr Steuergeld für Unkraut-
                 mir wirklich, wenn eine Mohnblume irgendwo im Garten   flächen hinausgeschmissen sahen.
                 wild aus einer Ritze wächst oder wäre es mir nicht lieber,
                 dass ich diesen „Wildwuchs“ mit dem Unkrautstecher ent-  Als wichtigster Grundsatz für den naturnahen Garten gilt: Je
                 ferne.                                                nährstoffärmer der Boden, desto artenreicher, schöner und
                                                                       pflegeleichter ist dieser.

                                                                       Welche Pflanzenarten eignen sich?

                                                                       Beim ungezähmten Garten ist praktisch alles erlaubt, Haupt-
                                                                       sache eine Vielfalt an Pflanzenarten kommt zur Anwendung.
                                                                       Idealerweise wählt man heimische Pflanzen aus, oder, wenn
                                                                       Kultursorten, dann ungefüllte Formen, damit den Tieren
                                                                       Pollen und Früchte zur Verfügung stehen.

                                                                       Während Sträucher und Bäume das Gerüst des Gartens
                                                                       bilden, bringen Stauden und Sommerblumen Farben und
                                                                       Fröhlichkeit in die Beete. Sie sind die Augenweide, mit der
                                                                       das Gartenbild vollendet wird, und an ihnen kann der Wech-
                                                                       sel der Jahreszeiten besonders gut verfolgt werden. Die unge-
                                                                       heure Vielfalt der Stauden macht es möglich, sich von Ende
                                                                       Februar bis in den November hinein Blüten in den Garten zu
                                                                       holen. Stauden und Sommerblumen sind ein Thema, das nie
                 Im wilden Garten kann sich die Blume ihren Platz selbst wählen.  langweilig wird und immer neue Überraschungen für uns
                                                                       bereithält.

                 Hat man sich nun dafür entschieden, seinen Garten natur-
                 nah, ungezähmt und wertvoll zu gestalten, stehen jedem
                 Gartenbesitzer fast unendliche Möglichkeiten zur Auswahl.
                 Er kann einen Schmetterlingsgarten gestalten, einen Wasser-
                 garten, einen Duftgarten, einen Naschgarten, einen blauen
                 Garten, einen Bienengarten … und alle Arbeitsmittel leben
                 und verändern sich. Jahr für Jahr zeigen sie ein anderes
                 Bild und überraschen immer wieder in punkto Anmut und
                 Vielfalt.

                 Naturnahe Gärten sind keine Erfindung der Neuzeit. Sie
                 lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Die
                 gartengestalterische Verwendung von heimischen Pflanzen-
                 arten wurde aber erst um die Jahrhundertwende vom 19. ins
                 20. Jahrhundert gesellschaftsfähig. Zuvor galten möglichst
                 viele Exoten im Garten als das Maß eines gelungenen Gar-
                 tens. Im 20. Jahrhundert hat sich der naturnahe Garten als
                 eigene Stilrichtung etabliert. Im Zuge der fortgeschrittenen
                 Industrialisierung hat sich ein verstärktes Naturverständnis
                 entwickelt.

                 Auch heute führt der ökologisch wertvolle Garten noch ein
                 Schattendasein, wenngleich Kommunen, Länder und Private
                 vermehrt auf eine nachhaltige, naturnahe Grünraumgestal-
                 tung achten. Durchgehend in den Köpfen der Bevölkerung
                 ist der Naturschutzgedanke immer noch nicht verankert.
                 Das zeigte mir ein Bepflanzungsprojekt im Zuge des Baus   Bunt und voller Leben ist ein ungezähmter Garten.



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