Page 19 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 01/2022
P. 19

Der Hochlandkärpfling Ameca splendens ist in der Natur fast
            ausgestorben – dass er in der Aquaristik noch in guten Be-

            ständen existiert, verdankt er enthusiastischen Züchtern.



































            Eine Ausnahme: Der Rote Neon wird noch großteils wild gefangen.



           für die private Tierhaltung in Betracht kommenden Tierarten).   warum sich die meisten Aquarienfischarten nur in speziellen Zucht-
           Weltweit kennt man derzeit ca. 32.300 Fischarten. Die tatsächlich   aquarien vermehren lassen.


           existierende Zahl von Arten lässt sich natürlich nur schwer schät-  Kannibalische Artgenossen sind der wichtigste biotische Fak-



           zen. Aus Erfahrung kann man davon ausgehen, dass etwa weitere   tor, der die Populationsgröße einer wildlebenden Kleinfischart



           15.000 bis 20.000 Fischarten wissenschaftlich noch nicht entdeckt   bestimmt. Der einzige Effekt, der von einer starken Befischung




           sind. Rund die Hälfte kennt man aus dem Süßwasser, obwohl nur   einer solchen stationär lebenden Kleinfischart ausgeht, ist darum,


           etwa 3 % der Wasservorkommen dieses Planeten Süßwasser sind.  dass die wildlebende Population wächst, nicht, dass sie schrumpft.


              Theoretisch kann man jede Fischart im Aquarium pflegen und
           züchten. Dennoch wurden von den schätzungsweise 16.000 bis-  UNGEHEUREs VERMEHRUNGsPoTENTIAl
           lang bekannten Süßwasserfischarten erst ca. 4.800 überhaupt   Das zeigen auch die Erfahrungen, die gemacht wurden, als man



           jemals im Aquarium gepflegt (s. Mergus Aquarienatlas Bände 1-6).   versuchte, unliebsam gewordene Neozoen in Mitteleuropa auszu-

           Im Zoofachhandel sind regelmäßig (öfter als 1 x pro Jahr) noch   rotten. In den 1870er- bis 1890er-Jahren wurden gezielt verschie-

           erheblich weniger Arten erhältlich, etwa 200 bis 400, der gesamte   dene Arten nordamerikanischer Fische und Krebse in Deutschland

           Rest kann als „Rarität“ gelten, den selbst begeisterte Aquarianer   angesiedelt, um den Speisezettel des Menschen zu erweitern,
           im Laufe ihres Lebens gewöhnlich nie zu Gesicht bekommen.  mit zum Teil verheerenden Folgen. Durch den amerikanischen
              Es liegen keine wissenschaftlich haltbaren Hinweise vor, dass   Krebs Faxonius limosus wurde eine für die europäischen Krebse

           unter Artenschutzaspekten Handlungsbedarf bezüglich der Zier-  tödliche Krebspest eingeschleppt, welche diese Arten bis heute

           fischhaltung besteht. Die spezielle Naturgeschichte der für die   an den Rand der Ausrottung drängt.


           Hobbyaquaristik hauptsächlich infrage kommenden Arten macht   Auch der Sonnenbarsch (Lepomis gibbosus) und der Katzenwels


           eine Überfischung oder gar Ausrottung völlig unmöglich, denn es   (Ameiurus melas) haben sich als für die einheimische Kleinlebewelt

           handelt sich bei fast allen Arten um stationär lebende Kleinfische.   verhängnisvoll herausgestellt, genau wie der in den 1960er-Jahren


           Die haben zum einen ein ungeheures Vermehrungspotenzial und   als Beifang zu Besatzfischen aus Osteuropa eingeschleppte Blau-
           sind zum anderen hochgradig kannibalisch, das heißt sie fressen   bandbärbling (Pseudorasbora parva). Jeder Versuch einer mecha-

           Laich, Larven und Jungfische von Artgenossen. Dies ist der Grund,   nischen Vernichtung oder wenigstens Reduzierung der Bestände
                      1/2022                                                                                         19
   AQ2022-01_Endkorrektur_Umlauf.indb   19                                                                       22.11.2021   10:05:51
   14   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24