Page 37 - diy Fachmagazin Ausgabe 11/2020
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Und wie sieht es bei den Sorti-
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                                                                                              haltigkeit aus, beispielsweise bei
                                                                                              Produktgruppen wie Kunststoff-
                                                                                              gefäße oder Pflanzenschutz und
                                                                                              -pflege? Hier berate man in drei
                                                                                              Stufen, erklärt Kremer: Zunächst
                                                                                              suche man nach Lösungen aus
                                                                                              der Natur; braucht es Hilfsmittel,
                                                                                              werde zu natürlichen Produkten
                                                                                              geraten, und erst im dritten Schritt
                                                                                              greife man zu chemischen Alter-
                                                                                              nativen, falls das nötig sei. Ausge-
                                                                                              listet sind diese Produkte jedoch
                                                                                              nicht. „Ich glaube“, begründet Kre-
                                                                                              mer diese Entscheidung, „dass ein
             Holz, Glas, Stahl: Die Grundbaustoffe dominieren das Erscheinungsbild des Naturgartencenters in Lennestadt.
                                                                                              dogmatisch totalitärer Ansatz aus-
                                                                                              grenzt.“
             nen der gegenüberliegenden ty-  träger und freistehende Regale   ternehmen an die Non-Profit-Or-  Genau das will er nicht, son-
             pischen Sauerländer Häuser auf-  im einheitlichen Farbton. Das   ganisation Plant for the Planet,   dern möglichst viele Menschen
             nimmt. Außerdem wird der Blick   Ziel: „Wir wollen nur Marktplatz   neben dem Nabu und dem Ver-  mit seiner Idee vom Naturgarten
             durch die Glasfassade nicht   sein und den Gärtner mit seiner   ein Naturgarten einer der Projekt-  erreichen, indem er sie unterhält.
             durch großformatige Plakate be-  Pflanze zum Star machen“, sagt   partner des Naturgartencenters.  Warum sonst würde er so viel
             hindert; auf die hat man nämlich   Kremer.
             zugunsten von Glyzinien verzich-  Deshalb werden die Pflanzen
             tet, die sich an den Rasterträgern   sehr sorgfältig präsentiert, es   Gläserne Wände
             nach oben ranken.          steht nichts unter den Tischen,   Das Familienunternehmen Kremer hat seine Wurzeln im Erwerbs-
               In der Mitte des Kalthauses,   CC-Karren gibt es nicht. Und   gartenbau und Gärtner-Know-how seit 1905. Seit 1999 produziert
             das man zuerst betritt, bleibt Ale-  deshalb ist auch die Beleuchtung   es nicht mehr selbst. Für das neue Naturgartencenter musste das
             xander Kremer stehen: „Das ist   so wichtig – auch das komplett   alte Wohnhaus der Familie weichen; lediglich die Tür hat man ins
             mein Lieblingsplatz“, schwärmt   anders als üblich. „Das ist das   Garten-Museum gerettet, um dahinter in einem ganz kurzen Film
             er, denn von hier sieht man zu-  erste großflächige Gartencenter   die Familiengeschichte zu beleuchten.
             rück nach draußen auf die Häu-  ohne Grundbeleuchtung“, erklärt   Alexander Kremer gehört der vierten Generation an. Er hat die
             ser am Ortsrand seiner Heimat-  Kremer. Stattdessen wird der ge-  Geschäftsführung nach einer mehrjährigen Tätigkeit im Metro-
             stadt Lennestadt und auf der   samte Bau von 1.500 Spots be-  Konzern übernommen, wo er als Vorstandsassistent gearbeitet
             anderen Seite über das schmale   leuchtet, die ein natürliches, weil   hat.
             Freigelände hinweg hinaus in die   nicht eintöniges Lichtspiel in die   In seinem Unternehmen treibt ihn das Thema Transparenz um.
             Natur der Lenneauen. Der Blick   Glashallen zaubern.    Über das auch per App zugängliche Intranet hat jeder Mitarbeiter
             soll einmal noch schöner wer-  Das Thema „Natur“ variiert   Zugang zu sämtlichen Kennzahlen. Vor einigen Jahren hat Kre-
             den, denn auf der Wiese, die sich   Kremer mit seinem Team (die   mer die Position des Marktleiters abgeschafft. An jedem Standort
             bis zum Ufer der Lenne erstreckt,   sich übrigens passenderweise   gibt es sieben Teams mit je einem Teamleiter an der Spitze, der
             plant Kremer eine Gartenanlage.  als „Natur-Talente“ bezeichnen)   an die Geschäftsleitung berichtet. Im neuen Verwaltungstrakt in
               Den Ladenbau hat das Unter-  auch in den nicht so offensicht-  Lennestadt hat Alexander Kremer kein Einzelbüro. Sämtliche Be-
             nehmen selbst entwickelt: Raue   lichen Details. Zum Beispiel im   sprechungsräume haben gläserne Wände.
             Holzplanken an den Wänden,   selbst betriebenen „Gartencafé“   Das Konzept des Naturgartencenters hat Kremer zusammen
             in der Kalthalle etwas heller, in   mit seinen 80 Plätzen drinnen   mit dem Düsseldorfer Kommunikationsdesigner Prof. Philipp Teu-
             der Warmhalle etwas dunkler,   und auf der überdachten Ter-  fel und mit Kerstin Neumann-Teufel entwickelt. Gebaut hat Ra-
             sodass dort die Produkte bes-  rasse: Die zwei Euro, die ein   bensteiner.
             ser hervortreten können; Waren-  Wasser kostet, spendet das Un-

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       DIY2020-11_Buch.indb   37                                                                                14.10.2020   16:48:37
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