Page 32 - terraristik Ausgabe 4/2014
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ne beunruhigt wird, versetzt sie das ganze Netz in Schwin-
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Voll vernetzt
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gungen. Die auffällige Hinterleibszeichnung, die dem dahin- V V V V V o ll v e r n etzt
terliegenden Zickzackmuster strukturell ähnelt, löst sich
durch die Schwingungen auf und die Konturen verschwim-
men: Beim Betrachten bietet sich nur noch der Anblick eines
verwirrenden Musters aus hellen und dunklen Streifen, in
dem die Spinne förmlich verschwindet, wodurch potenzielle
Beutejäger ihre Schwierigkeit haben werden, das Tierchen
auszumachen.
Die These hat insofern auch etwas für sich,
weil die Wespenspinne kein Versteck
baut, wie etwa die Kreuzspinne. Sie
hält sich trotz ihrer gut sichtbaren
Zeichnung immer in der Netzmitte
auf dem Stabiliment auf. Zusam- Nur in seltenen Fällen gelingt
men mit ihrem ansprechenden es einem Männchen zu entflie-
Radnetz in der Vegetation ge- hen, was es letztendlich auch
hört das exotisch anmutende nicht weiter bringt: Beim nächs-
Tier zu den wenigen Spinnen, ten Versuch, ein anderes Weib-
die visuell an ihrem Standort chen zu begatten, wird es wohl
in der Natur wahrgenommen nicht mehr entkommen. Die
werden. Vermutung liegt nahe, dass als
Folge durch den Verzehr des Part-
Trächtiges Weibchen beim Fressen.
ners die genetische Vielfalt in ei-
nem begrenzten Lebensraum erhalten
Das Netz ist relativ bodennah platziert, wird.
weil die Zebraspinne überwiegend springen- Im August verlässt das Weibchen dann
de Beute fängt, wie Grashüpfer und Heuschre- das Netz und umspinnt ganz in der Nähe ein Ge-
cken. Sie hat ebenso eine Vorliebe für große Schwebfliegen, lege mit einigen Hundert Eiern. Der fertige Ei-Kokon ist ei-
Bienen und Wespen, die in dieser Höhe von Blüte zu Blüte gentlich auffällig, wird aber wohl kaum wahrgenommen. Er
fliegen, und verschmäht auch andere Fluginsekten nicht. ist relativ groß und erinnert auf den ersten Blick an eine tro-
Hat sich ein Insekt im Netz verfangen, läuft die Wespen- ckene Mohnkapsel von hellbeiger Färbung. Der Kokon hat
spinne sofort hin, schießt einen Schwall von Spinnfäden auf einen Durchmesser von bis zu 27 mm und misst in der Höhe
die Beute und wickelt sie dann in Windeseile zu einem Paket 32 mm. Nicht allzu lang nach Fertigstellung stirbt dann das
ein, um sie bei nächster Gelegenheit zu verzehren, wobei sich Weibchen, aber zum Herbst hin schlüpfen die Jungspinnen.
die Weichteile der Beute durch injiziertes Gift verflüssigen Diese bleiben geschützt vor den winterlichen Temperaturen
und dann ausgesaugt werden können. im Kokon, um im folgenden Jahr, an einem windigen, jedoch
Da die Zebraspinne in Deutschland stellenweise sehr häu- recht warmen Frühlingstag im Mai, nachdem sie sich gehäu-
fig vorkommt, unterliegt sie nicht dem Naturschutzgesetz und tet haben, herauszuklettern und sich allesamt sofort auf den
gilt nach der roten Liste als „ungefährdet“. Weg zu einer Halm- oder Zweigspitze zu begeben, von wo aus
sie starten, um in die Welt hinaus zu fliegen.
Gibt es fliegende Spinnen? Diese Leichtgewichte lassen sich nämlich an einem abge-
gebenen Spinnfaden vom Wind forttragen und landen even-
Zur Paarung begibt sich das gegenüber dem Weibchen recht tuell schon einige Meter weiter. Wenn entsprechende Thermik
winzige Männchen langsam zur Mitte des Netzes, dabei im- herrscht, ist es aber durchaus möglich, an einem Tag bis zu
mer artspezifisch an den Fäden zupfend, um das Weibchen hundert Kilometer weit zu fliegen oder sogar insgesamt bis
von seiner lauteren Absicht zu überzeugen. Ist das Weibchen zu fünfhundert Kilometer weit zu verdriften, wodurch natürlich
paarungsbereit, verhält es sich vorerst passiv und es erfolgt eine großflächige Verbreitung entstehen kann.
die Kopulation. Dann erwacht das Weibchen aus seiner Le- Die Spiderlinge können, ohne selbst Einfluss zu nehmen,
thargie, betrachtet das Männchen nun als Beute und ver- natürlich nur dort landen, wohin die Luftströmung sie getrie-
speist es kurzerhand. ben hat. Unmittelbar nach der Landung beginnen die un-
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