Page 56 - terraristik Ausgabe 1/2014
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Links: ten. Sicherlich weil seine Beschreibungen der Pflege im Terrarium und Vermehrung
Gottesanbeterinnen
fangen und verzeh- Got tesanbeterin für uns Menschen schön ge-
ren häufig Beutetie- heimnisvoll und gruselig waren, wurden sie ziem- Diese Mantide ist ein gut geeignetes „Anfän-
re, die fast genauso
groß oder schwer lich unkritisch immer weiter gegeben und abge- gertier“ für Gottesanbeterinnen-Einsteiger, da sie
wie sie selbst sind. schrieben. recht tolerant gegenüber klimatischen Bedingun-
Fakt ist aber dass der Sexualkannibalismus in- gen ist und sich vergleichsweise einfach vermeh-
Rechts:
Eine der größten nerhalb des Artenspektrums bei Gottesanbeterin- ren lässt. Die Art ist inzwischen seit Jahrzehnten
Faszinationen, die
den Gottesanbete- nen mit etwa 2.300 bis heute beschrieben Arten in Menschenhand und von vielen Hobbyzüchtern
rinnen eigen ist, eher die Ausnahme als die Regel ist. Konkret erhältlich. In meinen Schulvivarien ist die Große
kommt daher, dass kommt es bei H. membranacea vor allem bei älte-
sie uns immer direkt Indische Gottesanbeterin sozusagen im Stan-
anzuschauen, zu ren Männchen und hungrigen Weibchen ab und dardbestand.
fixieren scheinen.
zu vor, dass das Weibchen das Männchen vor, Die Temperaturen sollten sich zwischen 25 und
während oder nach des Paarungsvorgangs er- 30 Grad Celsius bewegen; bei einer relativen Luft-
greift und teilweise oder ganz frisst. Dann stellt feuchtigkeit von etwa 60 Prozent und phasenwei-
das Männchen die ersten Eiweiße zur Bildung der se (besonders kurz vor anstehenden Häutungen)
Eier im Körper des Weibchens zur Verfügung und
trägt somit direkt zur Erhaltung seines eigenen
Erbgutes bei.
In den Fällen, in welchen das Männchen seinen
Kopf oder Vorderkörper verliert, kann es die Paa-
rung dennoch häufig zu Ende durchführen, da die
notwendigen Organe zur Steuerung aller notwen-
digen Gliedmaßen und beteiligten Organe im hin-
teren Teil des Körpers liegen. Dies ist für Men-
schen sicherlich der eigentlich „gruselige“ Aspekt;
nüchtern betrachtet ist es jedoch lediglich ein
weiteres faszinierendes Detail aus der Welt der
wirbellosen Tiere. Und es erinnert uns daran, dass
unnötige Vermenschlichungen eine unpassende
Sicht der Dinge ergeben.
Zur Verpaarung auf eine Zimmerpflanze gesetztes Pärchen
der Großen Indischen Gottesanbeterin. Zur Ablenkung des
Weibchens und Vermeidung von Aggressionen gegenüber
dem Männchen gibt man dem Weibchen ein Futtertier.
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