Page 24 - terraristik Ausgabe 1/2013
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REISE
restlichen drei Tage: Auf dem Aufstieg zu einem Aussichts-
plateau huscht eine Tannenzapfenechse an mir vorbei, die
muss ich fotografieren. Meine Kamera ist aber noch nicht
einsatzbereit. Da die Echse noch in Reichweite ist, packe ich
sofort zu und klemme sie mir erst mal zwischen Rumpf und
rechten Ellbogen, während ich mit den Händen das richtige
Kameraobjektiv aufschraube. Mit den Vordergliedmaßen auf
meinen Unterarm gestützt, schaut Tiliqua rugosa, wie ich sie
meinen Mitreisenden vorstelle, diese genauso verblüfft ob
der Situation an wie umgekehrt. Und fortan bin ich nur noch
der „Lizardman“. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass
ich es schaffe, mich einer Gruppe freilebender Koalas eines
Tierparks so weit zu nähern, dass ich sie tatsächlich anfas-
sen kann. Und auch nicht dadurch, dass ein Sittich sich auf
meiner Kopfbedeckung niederlässt. Zugegebenermaßen nach-
geholfen von unserer Reiseleiterin Penny, die mir beim Zu-
Als „Lizardman“ mit der im Text erwähnten Tannenzapfenechse. binden meiner Schuhe ein Paar Körner auf die Mütze plat-
ziert hatte. In Melbourne angekommen, löst sich unsere
Gruppe auf – der „Lizardman“ verabschiedet sich.
Nächste Station: Sydney
Am nächsten Tag geht es mit dem Flieger nach Sydney,
wo ich mich mit einer 14-köpfigen Reisegruppe aus Deutsch-
land treffe. In der Hoffnung auf viele Tierbegegnungen besu-
chen wir die Nationalparks der Ostküste bis nach Cairns. In
unserer ersten Woche erspähen zwei Mitreisende, denen ich
erzählt hatte, dass ich einen Verlag über Terrarienliteratur
betreibe, die erste Echse und möchten sie von mir identifi-
ziert haben. Es ist eine Australische Wasseragame, die sich
am Bachlauf in der Nähe unseres Grillplatzes aufhielt. Die
erste Östliche Bartagame begegnet mir im Warrumbungle in
Wasseragamen haben ein viel ausgeprägteres Fluchtverhalten als Bartagamen.
der Nähe des Parkplatzes, als wir unsere Wanderung in den
Nationalpark starten. So hatte ich mir das Herkunftsgebiet
von Pogona barbata nicht vorgestellt: lichter Wald mit tro-
ckenem Laub auf sattgrünem Gras mit lila blühenden Kräu-
tern. Ich hatte Australien trocken, staubig, sandig erwartet.
Überwiegend grün, tropisch und feucht überrascht mich. Al-
lerdings lerne ich auch nur die Südwest- und Westküste ken-
nen. Das zentralere Herkunftsgebiet der Streifenköpfigen
Bartagame Pogona vitticeps, die bei uns gehalten wird, ist
heißer und weniger feucht.
Hier in Sydney haben wir heute 24 °C und 63 % Luft-
feuchtigkeit. In der Region wird es im Sommer kaum heißer
und auch im Winter bleiben die Temperaturen im Durch-
schnitt zweistellig. Die relative Luftfeuchtigkeit schwankt
hier während des ganzen Jahres maximal zwischen knapp
unter 60 bis knapp über 70 Prozent. Pogona barbata jeden-
falls klettert bei meinem Heranpirschen etwa einen Meter
einen Baum hoch und versucht, sich an der mir abgewand-
ten Seite meinem Blick zu entziehen. Da die Reisegruppe
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Eine Östliche Bartagame in ihrem natürlichen Lebensraum im
terraristik 1|2013
Warrumbungle Nationalpark.