Page 31 - Caridina Ausgabe 03/2023
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Schwerpunktthema
legt, tut es ihm der nächstkleinere gleich Kunststoffmüll ebenso wie Glasflaschen im
und übernimmt das nun leere, größere Meer und an Stränden allzu oft zur Todes-
Haus. So geht es dann die ganze Warte- falle für die Krebse – eine traurige Tatsache,
schlange durch. über die caridina schon in Ausgabe 2/2020
Diese Ketten bilden sich jedoch nicht berichtete: Eine Studie aus dem Jahr 2019
aufgrund eines (durchaus vorhandenen) zeigte, dass „alleine auf den Kokosinseln Foto: Dusti n VanOverbeke / CC BY 4.0
Sozialverhaltens, innerhalb dessen die jedes Jahr 508.000 Einsiedlerkrebse in
Krebse geduldig in der Reihe warten, bis Plastikflaschen sterben und auf Hender-
ihnen ein abgelegtes Haus angeboten wird, son Island 61.000 Krebse“. Unvorstellbar
sondern vielmehr aus der Notwendigkeit, hohe Zahlen, um so erschreckender, wenn Auch dieser Coenobita brevimanus auf
weil es immer weniger verfüg- und nutz- man solche Zahlen nun noch auf alle tro- Palau hat kein großes Schneckenhaus mehr
bare Leerschneckenhäuser gibt. Ein Pro- pischen Küsten und Mangrovensümpfe gefunden.
blem, das unter anderem auch der Sam- hochrechnet.
melleidenschaft der Menschen geschuldet Auf der Suche nach geeigneten Schne-
ist. Nicht selten kommt es auch zu regel- ckenhäusern passiert es immer wieder,
rechten Kämpfen um Schneckenhäuser. dass Landeinsiedler in leere Flaschen und
Kanister krabbeln. Oft finden sie aber
Häuschenmangel und Plas�kmüll dann an den rutschigen Wänden keinen
Aus verschiedensten Gründen wurden in Weg mehr hinaus und verenden in diesem Foto: Mandy Barker NHM / CC
der Vergangenheit die Möglichkeiten aus- Gefängnis. Andere Landeinsiedlerkrebse in
gelotet, künstliche Schneckenhäuser für der Umgebung nehmen den Verwesungs-
Landeinsiedlerkrebse aus Glas oder mit- geruch wahr. Ihr Instinkt sagt ihnen, da ist
tels 3D-Druck herzustellen. Unter anderem möglicherweise ein leeres Schneckenhaus Allein in dieser Plastikflasche sind viele
wurde dabei der Gedanke verfolgt, dem verfügbar und so laufen sie los, um es zu Tiere gestorben.
existierenden Häuschenmangel (auch da- ergattern, bevor ein Konkurrent es ihnen
durch verursacht, dass Menschen zu viele quasi vor der Schere wegschnappt. und die Situation sich so für immer mehr
Schneckenhäuser absammeln) so entge- Dies hat leider immer wieder zur Folge, Individuen zur tödlichen Falle entwickelt.
genwirken zu können. dass nun weitere Tiere in das Plastikgefäng- Auch wenn natürlich nur wenige Men-
Denn immer wieder kann man Krebse nis krabbeln und letztendlich ebenfalls dort schen den Wunsch und die Möglichkeit
beobachten, die Kunststoffflaschendeckel, verenden. Somit entsteht mehr und inten- haben, zu solchen Küstenabschnitten zu
Becher oder sogar leere Getränkedosen als siverer Verwesungsgeruch, der wiederum reisen, um dort die Strände, Mangroven-
Schutz „anziehen“. Leider aber wird solcher weitere Krebse auf Häuschensuche anlockt sümpfe und andere Areale von ange-
schwemmtem Unrat zu säubern, kann
trotzdem jeder von uns dazu beitragen,
solche Probleme zu bekämpfen: indem
man einerseits soweit möglich auf Weg-
wer�unststoffe verzichtet und andererseits
Müll nie in der Natur entsorgt und immer
korrekt trennt.
Text: Monika Rademacher
Foto: Yves Bas / CC BY 4.0 R�����, R.D. et al. (2010): Social context of
shell acquisition in Coenobita clypeatus her-
mit crabs. Behavioral Ecology: DOI 10.1093/
beheco/arq027
L�����, J.L. et al. (2019): Entrapment in
plastic debris endangers hermit crabs. Jour-
nal of Hazardous Materials. DOI: 10.1016/j.
Dass Landeinsiedler gesellige Tiere sind, sieht man immer wieder, hier Coenobita com- jhazmat.2019.121703
pressus auf Costa Rica.
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