Page 23 - Dähne Corporate Publishing - Leseprobe Gardena
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Die Vor-Gardena-Zeit
Eine namenlose Handelsvertretung beginnt als ein
Startup-Unternehmen
Charakter bedeutet von seinem griechischen Ursprung ist der typische Vertriebsmensch, drängend, fordernd,
her „Prägestempel“: Er stellt die Summe dessen dar, immer Chancen und neue Märkte im Blick, risikofreudig
was uns wann wie geprägt hat, was das Wesen unse- und kommunikativ. Der Eine ist abwägend, der Ande-
rer Persönlichkeit ist. Er wird einerseits bestimmt durch re impulsiv. Hans-Jürgen Übermuth, der spätere Mar-
äußere Einflüsse und Erlebnisse, ist also von uns selbst keting-Chef von Gardena, bezeichnet passend Kastner
nicht oder nur wenig beeinflussbar, andererseits aber deshalb auch als „ökonomischen Realo“ und Kress als
auch, so sieht es auf jeden Fall Aristoteles, durch Übung „Visionär“. Doch beide sind, das stellt sich aber erst spä-
und Gewohnheit. Charakter ist damit durchaus auch aus ter so richtig heraus, lernfähig (wenn auch manches Mal
sich selbst heraus steuerbar. erst über Umwege und mit zeitlicher Verzögerung) und
Mit Eberhard Kastner und Werner Kress entschlie- sie haben Vertrauen zu- sowie Respekt voreinander. Sie
ßen sich 1960 zwei Charaktere, gemeinsam eine Firma verlangen viel von ihren Mitarbeitern, sind aber auch ge-
zu gründen, wie sie unterschiedlicher nicht sein kön- nerös, fördern Eigeninitiative und auch die eigene, fun-
nen. Es treffen ein Schwabe aus Ulm und ein Franke dierte Meinung. Man kann mit ihnen streiten und auch
aus Nürnberg aufeinander, deren Temperamente und einmal ein offenes Wort sagen.
unternehmerische Interessenslagen weit auseinander Das sind Eigenschaften, die in der Gründungszeit
liegen. Landsmannschaftlich entsprechen beide den von Gardena später unter anderem dazu führen, dass
Topoi, die man sich von einem Schwaben und einem Führungspersönlichkeiten zu einem Startup-Unterneh-
Franken gemeinhin macht: hier der Sparsame, dort der men namens Gardena wechseln, das noch keiner so
Stürmer. Keiner der beiden hat studiert, sondern hat, richtig kennt und dessen Überlebenschancen als eher
wie es damals erwartet wird, früh zu arbeiten angefan- mau eingeschätzt werden. Diese beiden doch eher anta-
gen. Und beide sind ehrgeizig, jeder auf seine ganz spe- gonistischen Charaktere und Temperamente prägen tat-
zielle Art und Weise. Kastner ist der eher introvertier- sächlich lange Zeit das Wesen und den Kern von Garde-
te, kaufmännisch interessierte Geschäftsführer der bei- na, bestimmen die Führungskultur, die Personalauswahl,
den, etwas bedächtig und vorsichtig, Kress dagegen den Vertriebsstil, entscheiden über Sortimente, Systeme
Werner Kress (l.) und Eberhard Kastner (r.) zusammen mit Buch-
halter Eberhard und Kress sen. vor „ihrem“ ersten Büro
in Nürnberg
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