Page 3 - diy Ausgabe 01/2020
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Kommentar

            It-Pieces in Grün

            „Wann, wenn nicht jetzt?“, fragt Andreas Löbke    oder irgendetwas für Millennials und deren Ur­
            von Co­Concept in seinem Ausblick auf den         ban Jungle.
            Gartenmarkt, den er für die Messe Essen ge­
            schrieben hat. Was er meint, ist: Garten, Gärt­      Alles richtig. Aber wenn man sich ansieht, wie
            nern, Pflanzen für draußen und vor allem für      beispielsweise die rasant steigende Beliebtheit
            drinnen – alles, was die grüne Branche zu bie­    von Zimmerpflanzen zustande gekommen ist,
            ten hat, ist derzeit so was von Trend, dass man   dann muss man dem Gartenfräulein, der Influen­
            sich diese Frage ernsthaft stellen                cerin Silvia Appel, zustimmen, wenn sie sagt: „Ich
            muss: Warum gelingt es dieser
            Branche nicht besser, die Rahmen­                              glaube nicht, dass der Trend zu In­
            bedingungen, die so gut sind wie                               door­Pflanzen und zu Monstera von
            lange nicht, besser zu nutzen?                                 der Branche gesetzt wurde, sondern
                                                                           dass er aus dem Netz kam.“
               „Mühsam“, „aus den Augen ver­
            loren“, „leider“, „gelingt nicht“, „nicht                          Man darf vielleicht ergänzen:
            mit einer Stimme“ – Löbkes Text ist                            aus der Mode­ und Designwelt, die
            voller Begriffe, die alles, nur keine                          über das Netz kommuniziert. So ist
            Dynamik wiedergeben. Wie auch! In                              es auch kein Zufall, dass die Wo­
            der Branche scheint business as usual vorzuherr­               chenzeitung Die Zeit über den ge­
            schen, obwohl alle Welt über Klimawandel und                   stiegenen Absatz von Zimmerpflan­
            Nachhaltigkeit diskutiert, über Themen also, die  zen nicht im Wirtschaftsteil berichtete, sondern
            von der grünen Branche besetzt werden könnten.    in einer Ausgabe des Zeit­Magazins, das dem
                                                              Thema Mode und Design gewidmet war. „Zim­
               Zwei Einwände höre ich jetzt schon (und –      merpflanzen sind das neue It­Piece“, stand da.
            bitte! – hören Sie nicht auf, gegen Kommentare    So weit, so gut. Aber dann: „Man kauft sie nicht
            in der Fachpresse Einwände zu erheben; nur der    mehr einfach im Obi oder bei Ikea, sondern in
            Austausch schafft Erkenntnis). Sie lauten: So     Boutiquen, die Namen wie flores y amores oder
            ganz falsch kann es ja nicht gewesen sein,        flower factory tragen und ein winziges Angebot
            wenn man sich die Zahlen ansieht. Die Waren­      haben, was man dann ‚kuratiert‘ nennt.“
            gruppe Gartenchemie/Erden/Saatgut etwa war           Mit derartigen Geschäftsmodellen lassen
            in den ersten drei Quartalen 2019 mit einem       sich sicher keine Baumärkte und Gartencenter
            Plus von fast zwölf Prozent die mit Abstand am    betreiben. Die Frage ist nur, auf wie viele Kunden
            stärksten wachsende Warengruppe der Bau­          man in Zukunft verzichten will und kann, denen
            märkte. Und dass ausgerechnet Gartenmöbel         das egal ist.
            mit minus drei Prozent am schlechtesten abge­
            schnitten haben – geschenkt, denn dafür liefen    Herzlichst Ihr
            sie im heißen Vorjahr 2018 viel zu gut.
                                                              Rainer Strnad
               Der zweite Einwand: Aber wir tun doch et­
            was! Praktisch alle Unternehmen in praktisch        Tel.: +49/7243/575-207 • r.strnad@daehne.de
            allen Produktgruppen haben beispielsweise ei­
            ne in irgendeiner Weise als nachhaltig ausge­
            wiesene Range im Programm, ob nun Bio­Dün­
            ger, Pflanzgefäße aus recyceltem Kunststoff

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