Page 38 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 2/2023
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Beim Rivalisieren und                                                                 mit dem Schwanz. Unter-
        bei der Balz wird der                                                                   legene Männchen legen
        Körper vom Gegner                                                                        die erste Rückenflosse

        oder Weibchen weg                                                                         an.
        gebogen.
                                                                                                     Auf Fotos von
                                                                                                   Schneider sah ich,
          Hypseleotris com-                                                                        dass die Fische häu-
        pressa  schwimmt                                                                          fig  auch  „offen“  lai-


        zwar  im  freien  Was-                                                                    chen, und zwar auf
        ser, aber meist langsam                                                                 Stein-,  Wurzel-  und  (!)
        und behäbig, „liegt“ oder                                                              Sandflächen,  aber  auch

        „hängt“  unter  Umständen                                                           Pflanzen,  mehr  oder  weni-

        ruhig mit dem Kopf nach unten                                                    ger porösen Filterschwämmen

        oder  oben  in  der  Dekoration  oder                                        und sogar auf den Aquarienscheiben.
        Spalten zwischen den Steinen. Viel Schwimm-                           Wollen die Fische ablaichen, treten die Ge-
        raum ist also nicht vonnöten.                          schlechtspapillen hervor, bei beiden Geschlechtern lange, an der
          Wenn es allerdings Leckerbissen gibt oder Rivalen vertrieben   Basis breite und zum Ende hin zugespitzte Gebilde.
        werden müssen, wird es lebendiger. Auch in einer ungewohnten   Abgelaicht wird in allen erdenklichen Positionen, und während

        Umgebung und bei sich plötzlich ändernden Lichtverhältnissen   das Weibchen die Eier eher langsam anheftet, gleitet das Männ-

        (Ein- und Ausschalten der Beleuchtung) schießen sie womöglich   chen beim Besamen häufig sehr schnell und häufig die Richtung


        blindlings herum und gegen die Scheiben oder springen aus dem   und Körperlage ändernd über die Eier. Nach dem Ablaichen be-
        Aquarium.                                              wacht es das Gelege und befächelt die Eier.
                                                                 Die bis etwa 3.000 kugeligen Eier gehören zu den winzigsten
        Fortpflanzungsverhalten in der Natur und im Becken     Fischeiern überhaupt. Die ersten der etwa 1,35 mm kleinen Lar-

        Die Art kann im Aquarium mindestens fünf Jahre leben und wird   ven schlüpfen bereits nach 12 Stunden. Bei 24 °C haben sie den
        früh geschlechtsreif. In der Natur laicht die Art vom frühen Früh-  Dottersack nach fünf Tagen aufgezehrt und müssen fressen. Damit

        jahr bis in den Herbst hinein, bevor die erwachsenen Fische wie-  beginnen die Probleme: Das Futter muss nämlich winzig sein und

        der brackige Bereiche aufsuchen. Die frisch geschlüpften Larven   sollte 70 Mikron (1 Mikron = 0,001 mm) nicht überschreiten.


        werden in die Flussmündungen verdriftet. Dort ernähren sich   Damit sind Rädertierchen viel zu groß!

        die „Glaslarven“ von Plankton. Nach der Metamorphose zu Jung-  Gut geeignet sind Larven der Pazifischen Auster (Trochophora).


        fischen wandern sie in großer Zahl flussaufwärts.      Sie werden von kanadischen Austernfarmen angeboten, doch sind


          Ich selbst konnte das – stets versteckte – Ablaichen in vertikalen   die lebenden Larven in flüssigem Stickstoff konserviert, Lagerung



        oder schrägen Steinspalten nie beobachten. Die intensiv gefärb-  und Versand aufwendig und teuer. Man kann wohl nur mit indus-


        ten Männchen balzen, indem sie ruckartig die Position wechseln   triell hergestelltem Futter für die Aufzucht von Garnelenlarven

        und in regelrechten Zickzacksprüngen die Aufmerksamkeit der   experimentieren.

        Weibchen erregen.                                        Die Jungfische können ab dem 13. Tag erstmals Rotatorien, ab

          Dazu spreizen sie ihre auffälligen Flossen und präsentieren sich   dem 19. Tag auch frisch geschlüpfte Artemia-Nauplien bewältigen.




        in Prachtfärbung, wobei sie sich mal zur einen, mal zur anderen   Zwei Tage später fressen sie Copepoden. Bei der erfolgreichsten

        Seite „verbiegen“. Nicht selten nehmen sie auch noch eine Kopf-  Aufzucht in einem japanischen Labor, bei der die erwähnten Aus-
        nach-oben- oder -unten-Stellung ein und reißen immer wieder   ternlarven als Anzuchtfutter eingesetzt wurden, lebten von mehr


        das Maul auf. Parallel dazu versuchen sie, sich gegenseitig mit   als zehntausend Jungfischen nach drei Monaten noch etwa 100…


        ihrem Imponiergehabe zu übertreffen, bedrohen sich und schlagen                       Text & Fotos: Uwe Werner

         Literatur
                                                                           Uwe Werner, Jahrgang 1948, betreibt
         G���, J. (2008): Die australische  Kaisergrundel, Hypseleotris compressa.   mehr als 40 Aquarien, sucht fast jedes

         Aquaristik-Fachmagazin (202) 4: 26-33                             Jahr in den Tropen nach Aquarienfischen

         T������, C., & P. J. U����� (2005): Phylogeny and Biogeography of   und schreibt für diverse Aquarienzeit-
         the Eleotrid Genus Hypseleotris (Teleostei: Gobioidei: Eleotridae), with   schriften n


         Redescription of H. cyprinoides. Rec. Austral. Mus. Vol. 57: 1-13
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