Page 73 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 06/2016
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REPORTAGE
Für viele Vereine sind die jährlich ein- oder mehrmals von ihnen
ausgerichteten Zierfischbörsen die Höhepunkte des Vereinslebens.
Einigen Händlern sind sie dagegen ein Dorn im Auge, weil sie in
ihnen eine Konkurrenz sehen. Ist das tatsächlich so?
RECHTLICHE VORAUSSETZUNGEN
Zierfischbörsen müssen nach geltendem Recht von einem Aus-
stellungsleiter beim örtlich zuständigen Amtstierarzt beantragt
werden. Verantwortlich ist ein Inhaber der Genehmigung zum
gewerblichen Handel mit Zierfischen (§ 11 Tierschutzgesetz),
auch wenn dieser gar nicht gewerblich handelt – er muss auf 1
der Börse überhaupt nicht als Händler auftreten. Zusätzlich muss
er ein polizeiliches Führungszeugnis abliefern, um nachzuweisen,
dass er nicht wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz oder
anderen relevanten Delikten vorbestraft ist. Dann steht es immer
noch im Ermessen des Amtstierarztes, unter welchen Auflagen
er die Börse genehmigt. Besonders bei Beutelbörsen – die nicht
immer genehmigt werden – ist eine zeitliche Begrenzung auf
maximal zwei Stunden in der für diese Veranstaltung geltenden
Tierbörsenrichtlinie (Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen
unter Tierschutzgesichtspunkten, herausgegeben vom Bundesmi-
nisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz)
vorgesehen. Dort stehen auch die weiteren Vorschriften, etwa 2
über die notwendigen Informationen für potenzielle Käufer, die
am Stand angegeben werden müssen. Die Leitlinien sind frei im
Internet erhältlich: https://goo.gl/i8jijW.
BÖRSE IST NICHT GLEICH BÖRSE
Zwar muss angemeldet werden, was auf der Börse an Fischen
angeboten wird, aber der Amtstierarzt beurteilt dies meist nicht.
Und hier liegt der Knackpunkt. Denn auf den Börsen sollen ei-
gentlich nur Nachzuchten oder überzählige Fische aus längerer
Haltung abgegeben werden. Zusätzlich können selbst gezüch-
tete Pflanzen, Technik, die gebraucht ist oder vor längerer Zeit 3
erworben wurde und natürlich gebrauchte Literatur angeboten
werden. Auch Futteransätze sind meist im Angebot. Hier geht
es ausschließlich um Überschüsse und Hobbynachzuchten. Und 1 Bodengrund, ein bisschen Deckung, Technik und die
Händler, die ein gutes Verhältnis etwa zum örtlichen Aquarien- Beschriftung – ein gutes Börsenaquarium. 2 Gute Zierfi sch-
verein pflegen, sollten diese Börsen nicht als Konkurrenz sehen. börsen ziehen durchaus viele Besucher an. 3 Technik und
Durch sie werden Interessenten für die Aquaristik geworben, die Zubehör aus zweiter Hand – im Laufe eines Aquarianerlebens
dann im Handel kaufen. Und es gibt nicht wenige Händler, die sammelt sich so manches an.
solche Börsen gegen Schluss besuchen und die Restbestände
günstig aufkaufen. Es hat sogar Händler gegeben, die in ihren
Räumlichkeiten Fischbörsen für jedermann veranstaltet haben sind es aber Fische. Bei bestimmten Arten, wie Dornaugen oder
und dies nicht wegen der Konkurrenzsituation aufgeben mussten. etlichen Schmerlen, gibt es praktisch keine Nachzuchten, auch nicht
Und dann gibt es auch Börsen, die eine echte Konkurrenz zum in der oft angebotenen großen Anzahl. Das ist nicht der Sinn der
Handel darstellen: Börsen mit Neuware. Das kann Technik sein, oft Börsen. Sie sollen eine Ergänzung, keine Konkurrenz zum Handel
sein. Wenn es aber um Überschüsse aus dem Hobby geht, aber
Links: Auch wenn es etwas improvisiert aussieht, so ist doch alles auch nur dann, sind Börsen willkommen und sollten vom Handel
durchdacht und organisiert. akzeptiert werden. Text & Fotos: Harro Hieronimus
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