Page 20 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 04/2016
P. 20

TITELTHEMA




                                                                      Sind die Umgebungsbedingungen, also Wasserparameter und
                                                                    Keimdichte, für die Entwicklung positiv, schlüpfen die Embryo-
                                                                    nen durchschnittlich 50 bis 55 Stunden nach der Befruchtung
                                                                    aus den Eihüllen. Dieser Schlupf ist für die kleinen, dann knapp
                                                                    drei Millimeter langen Embryonen sehr kräftezehrend und wird
                                                                    durch die Elternfische durch ins Maul nehmen und „im Maul
                                                                    durchkauen“, wobei sich die Embryonen aus den Eihüllen lösen
                                                                    können, unterstützt. Jetzt bezeichnet man die Embryonen als
                                                                    Larven. Sie werden von den Elternfischen aus dem Maul an das
                                                                    Substrat geblasen, wo sie klebenbleiben. Die Larven haben am
                                                                    Kopf Schleimfäden, mit denen sie an der Unterlage haften.
                                                                      Die weitere Entwicklung bis zum Freischwimmen dauert noch
                                                                    rund fünf Tage. Während dieser Zeit bilden sich die Augen, die
                                                                    Flossensäume wachsen und die inneren Organe entstehen. Die
                                                                    kleinen Körper entwickeln sich zu einem Fisch. Alles ist mit etwas
                                                                    Glück gut zu beobachten. Die Fische betten die kleinen Larven
                                                                    jetzt häufig um. Sie kommen auf andere Unterlagen, das bedeu-
                                                                    tet, die Brut wird von den Elternfischen mit dem Maul von der
                                                                    bisherigen Unterlage ins Maul genommen und an einem anderen
                                                                    Platz wieder „aufgespuckt“. Dabei werden die Larven auch im
                                                                    Maul von Mikroorganismen „gesäubert“. Verschiedentlich spielt
                                                                    beim „Umbetten“ aber auch die Sicherheitslage eine wichtige
                                                                    Rolle. Die Nachkommen müssen möglichst immer vor Fressfeinden
             1                                                      geschützt und deshalb an sicheren Stellen im Aquarium platziert
                                                                    werden.
                                                                      Nach weiteren etwa fünf Tagen, je nach Art, Wasserparameter
                                                                    und Temperatur, sind die Larven schwimmfähig. Die Elternfische
                                                                    haben jetzt alle Mühe, den „kleinen“ Larvenschwarm zu beschüt-
                                                                    zen. Die knapp sechs Millimeter langen Nachkommen benötigen
                                                                    schon kurz nach dem Freischwimmen kleinstes Lebendfutter. Ne-
                                                                    ben kleinem Tümpelfutter sind frisch geschlüpfte Nauplien von
                                                                    Artemia ein sehr gut geeignetes Futter. Leider werden viele der
                                                                    kleinen Larven trotz aufopfernder Fürsorge und Wachsamkeit
                                                                    zu „Fresshappen“ für die Mitbewohner des Aquariums. Eine er-
                                                                    folgreiche Aufzucht von Segelflossern ist im Aquarium mit Ge-
                                                                    sellschaftsfischen sehr schwierig und wenig Erfolg versprechend.
                                                                    Größere Jungfischzahlen sind nur in separaten Aquarien oder
                                                                    durch die „künstliche“ Aufzucht möglich. Dabei fehlen aber die
                                                                    faszinierenden Beobachtungen der Brutpflege. Und sie machen
                                                                    die Pflege dieser ungewöhnlichen und interessanten Fische so
                                                                    lohnenswert.                  Text & Fotos: Horst Linke



                                                                      1  Eine sehr plakative Zuchtform bei Skalaren sind Weiße
                                                                     Rotkopf-Skalare, die oft als Koi-Skalare bezeichnet werden.
                                                                      2  Gelbe Skalare bei der Laichablage an einer künstlichen
                                                                     Ablaichhilfe aus Ton.  3  Die Larven werden von den Eltern
                                                                     immer wieder geputzt und umgebettet, wie hier im Bild an
                                                                     einem Blatt.  4  Ein pflegender Skalar der Wildform mit etwa
                                                                     vier Wochen alten Jungen.




             2




       AQ2016-04_Inhalt_Buch_okay.indb   20                                                                          15.06.2016   11:52:03
   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24   25