Page 13 - terraristik Ausgabe 3/2015
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Südstaaten der USA bis an die Atlantikküste etwa auf Höhe
von Georgia. Richtung Norden begrenzen kalte Wintertem-
peraturen wohl bald den weiteren Vormarsch, in Richtung
Süden wird er seine Expansion jedoch sicher noch weiter
fortsetzen. Selbst nach Hawaii oder Taiwan wurde der Baha-
maanolis verschleppt und hat sich dort etabliert.
Schuld an der Ausbreitung dieses Kleinleguans waren
aber nicht primär, wie vorschnell vermutet werden könnte,
unvorsichtige Terrarianer, denen Tiere entkamen. Terraria-
ner gab es ja 1887 wohl in Florida noch keine. Vielmehr ge-
langten immer schon Tier- und Pflanzenarten durch den
weltweiten Gütertransfer absichtlich, aber eben oft auch un- E Ein schönes, ,
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beabsichtigt in neue Lebensräume. rotköpfiges Weibchen
rotköpfiges Weibchen
mit typischem Rautenmuster und Rückenstrich.
Eine Möglichkeit der Verbreitung des Bahamaanolis durch
den Mensch per Gütertransport beschreiben Norval & Mao gegensetzen können. In solchen Fällen spricht man von inva-
(2007) aus Taiwan: Ein dort gebräuchliches Baumaterial sind siven Arten.
Bambusstangen. Versuchsweise wurden Transportbündel von Ob und warum der Bahamaanolis den Rotkehlanolis ver-
Bambusstangen an Stellen mit Populationen von Bahama- drängt, wird immer noch konträr diskutiert. In ländlichen Ge-
anolis ausgebracht. Nach drei Tagen wurden sie auf „Bewoh- genden mit ausgedehnten Wäldern leben beide Arten in Ko-
ner“ hin kontrolliert und neben den obligatorischen Asiati- existenz, wobei stets der Bahamaanolis deutlich zahlreicher
schen Hausgeckos fanden sich zwischen und in den Bambus- vorkommt als der Rotkehlanolis. Unbestritten ist aber auch,
stangen auch mehrere Anolis sagrei. dass der Braune Kubaanolis, wie Anolis sagrei in Florida ge-
Etliche Erstnachweise von Bahamaanolis-Populationen in nannt wird, vielerorts die Alleinherrschaft übernommen hat.
den USA direkt an oder in der Nähe von Autobahnrastplät- In unserem Reiseführer wird vom gewaltigen Bevölke-
zen (Wikipedia 2013) bestätigen, dass der Güterverkehr ei- rungswachstum in Florida von einer halben Million Men-
ne bedeutende Rolle bei der Verbreitung der Art spielt. schen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zu über 18 Millio-
nen heute berichtet. Dies dürfte ein Grund sein für die enor-
Bereicherung oder invasiv? me Ausbreitung des Bahamaanolis: Da er mehr am Boden
oder in Bodennähe lebt, profitiert er deutlich von den
Würden sich neue Arten stets problemlos in bestehende Öko- menschlichen Eingriffen in die Natur.
systeme integrieren, könnten sie der Bereicherung der Arten- Überall wo Menschen leben, etwa in Vorstädten und Bal-
vielfalt dienen. Leider breiten sich die Neuen häufig aufgrund lungsräumen, wo Busch und Wald weichen mussten, in ge-
höherer Vermehrungsraten und fehlender Fressfeinde über- störten Biotopen, finden sich große Bahamaanolis-Populati-
mäßig stark aus oder führen gar Krankheitserreger mit im onen, aber keine Rotkehlanolis mehr. Der weiter oben in der
Gepäck, denen die „Eingeborenen“ keine Immunabwehr ent- Vegetation lebende Rotkehlanolis scheint naturnahe Gegen-
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