Page 19 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 05/2022
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Schwerpunktthema
gesetzt, besiedeln Fels-Aulonocara ufernahe Bereiche von wenigen Im Aquarium wird das typische Fressverhalten rasch abgelegt.
Metern unterhalb der Oberfläche bis in Tiefen von rund 30-40 m. Schließlich ist es viel bequemer, das vom gutmeinenden Pfleger
Zu den wenigen, hin und wieder in spezialisierten Fachgeschäf- mundgerecht gereichte Flocken- oder Frostfutter aufzuschnappen,
ten angebotenen Sand-Aulonocara zählt A. rostratum. Dieser weit mit dem sich sämtliche Arten problemlos ernähren lassen. Erst
verbreitete Buntbarsch kann über 20 cm Gesamtlänge erreichen wenn man Aulonocara auf Schmalkost setzt, kommt das spezia-
und ist somit der größte Vertreter seiner Gattung. lisierte Beutesuchverhalten wieder zum Vorschein.
Sandlauscher machen Beute Buntbarsche sind Individualisten
Die oben bereits erwähnten vergrößerten Öffnungen des Seiten- Eines darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Es gibt inner-
liniensystems dürften in erster Linie dazu dienen, Beutetiere im halb einer Art eine große Variabilität hinsichtlich des individuellen
Untergrund aufzuspüren. Im Freiland lässt sich sehr gut beobach- Verhaltens. Das bedeutet, dass bei jeder Spezies besonders ag-
ten, wie Kaiserbuntbarsche mit dem Kopf nach vorne geneigt dicht gressive und besonders friedfertige Exemplare vorkommen. Das
über sandigem Untergrund nach Futter suchen. Sie bewegen sich ist ein Grund dafür, dass in Aquarianerkreisen nicht selten von
In dieser Kopf-über-Haltung „horchen“ Kaiserbuntbarsche in den Die Weibchen sehen sich meist sehr ähnlich und lassen sich ohne
Untergrund, um Kleintiere zu orten (A. jacobfreibergi bei Queen Kenntnis des Fundortes nur schwer zuordnen (im Bild Aulonocara
Reef im Südostarm des Sees). baenschi).
dabei nur langsam vorwärts und es hat den Anschein, als ob sie sehr unterschiedlichen Erfahrungen mit einer bestimmten Art
in den Bodengrund „hineinhorchen“ würden. In unregelmäßigen berichtet wird. Bei dem einen kann sich das Aulonocara-Männchen
Abständen stoßen sie dann gezielt in den Sand. Und an den sich überhaupt nicht durchsetzen, bei einem anderen Aquarianerkol-
anschließenden „kauenden“ Maulbewegungen lässt sich dann legen hingegen verteidigt ein Männchen derselben Art sein Revier
unschwer erkennen, dass sie auf diese Weise Beute finden und sehr effektiv auch gegen deutlich größere Malawiseebuntbarsche.
kleine Wirbellose wie Insektenlarven, Schnecken oder Muschel- Dieses individuell unterschiedliche Verhalten erschwert es sehr,
krebschen aufnehmen, was auch durch Magenuntersuchungen belastbare Empfehlungen bezüglich der Zusammensetzung von
bestätigt werden konnte. Arten für ein „funktionierendes“, sprich harmonisches Malawisee-
Offenbar sind Kaiserbuntbarsche in der Lage, die minimalen Gesellschaftsaquarium zu geben. Dabei ist es mit Blick auf das
Druckschwankungen, die durch Bewegungen von Kleintieren Aggressions- beziehungsweise Territorialverhalten meist ohne
ausgelöst werden, durch den Sand hindurch zu orten. Andere Bedeutung, ob bestimmte Arten in ihrem natürlichen Biotop ge-
Buntbarsche, die keine derartig vergrößerten Kopfporen auf- meinsam vorkommen oder nicht.
weisen und ebenfalls ihre Nahrung aus dem Sand aufnehmen Das im Aquarium im Vergleich zum Freiland grundsätzlich sehr
(beispielsweise Lethrinops-Arten), stoßen dagegen wahllos und begrenzte Raumangebot verschärft die Konkurrenz zwischen ver-
in kurzen Abständen immer wieder in den Untergrund, sodass schiedenen Arten erheblich. Daraus ergibt sich, dass das Aquarium
diese Arten ihre Beute nicht gezielt suchen, sondern eher nach nicht nur bei Aulonocara-Arten, sondern generell bei Malawisee-
dem Zufallsprinzip aufnehmen. buntbarschen stets so groß wie möglich sein sollte.
Text & Fotos: Andreas Spreinat
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