Page 61 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 03/2022
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Mbuna-Buntbarsche an den Mitande-Felsen. Es wurde schon von Chambo heißen in Malawi diese Tilapien, die auf dem Markt als
deutlichen Rückgängen der Populationen berichtet. Speisefisch verkauft werden.
serökosystem: Mit über 700 Buntbarscharten, von denen viele der lokalen Bevölkerung und politischen Entscheidungsträgern bis
weltweit nur hier vorkommen, stellt er 4 % der weltweiten Fisch- hin zur Schaffung von alternativen Erwerbsquellen wie beispiels-
biodiversität und insgesamt 14 % aller Süßwasserfischarten sind weise Fischzuchten in Teichen.
von diesem Ökosystem abhängig – auf der anderen Seite sorgen VDA-Präsident Jens Crueger verweist dabei vor allem auf Chan-
60.000 Fischer für die Gewinnung von Speisefischen. 450.000 cen und Potenzial des nachhaltigen Zierfischfangs. In den bishe-
Menschen sind insgesamt beruflich abhängig von dem See. rigen Konzepten zur Zukunft des Sees werde der Schwerpunkt
vor allem auf die Speisefischerei gelegt. „Wir wissen aber sehr
Bevölkerung verfünffacht genau um die positiven Effekte einer nachhaltig geplanten und
Im Staat Malawi hat sich die Bevölkerung in den letzten Jahr- sozial fairen Zierfischfischerei.“
zehnten beinah verfünffacht: von vier Millionen Einwohnern im Dabei könnten Wirtschaft, Umweltschutz und soziale Effekte
Jahr der Unabhängigkeit, 1964, bis hin zu knapp 20 Millionen ineinandergreifen. Durch die jahrzehntelange Zucht von Mala-
heute. Mehr als die Hälfte lebt unter der Armutsgrenze, der Bedarf wisee-Buntbarschen sei beachtliches Wissen über die Biologie
an Nahrungsmitteln ist kaum noch zu decken. „Die Folgen sind dieser Arten gewonnen worden. Weil sie in der Natur auszusterben
Überfischung, Artenverlust und Verschmutzung“, erklärt Daniel drohten, wenn sich die ökologische Situation nicht verbessere,
Mwakameka, Geschäftsführer der Living-Lakes-Partnerorganisation „ist es sinnvoll, die Erhaltungszuchten bei privaten Haltern, eine
Action for Environmental Sustainability (AfES) in Malawi. Fisch aus nachhaltige Zierfischerei und außerdem geeignete Maßnahmen
dem See decke demnach etwa 70 % des Bedarfs an tierischem des Capacity Buildings, etwa für Erhaltungszuchtprojekte direkt
Eiweiß in seinem Land. Mit dem steigenden Konsum wachse der vor Ort am See, stärker in den Fokus zu nehmen“, argumentiert
Druck auf die Fischbestände. Crueger. Zum Wohle der Artenvielfalt, aber auch der lokalen Be-
Das Bevölkerungswachstum habe auch zu einer verstärkten völkerung.
Landbewirtschaftung geführt mit unangemessenen Praktiken, Einen Appell an die Politik schiebt Kathrin Glaw hinterher, die
Kahlschlag, Bodenerosion und hohem Einsatz von Düngemitteln politische Referentin des VDA. „Als Dachverband unterstützen wir
und Pestiziden, die den Nährsto�reislauf im See stören. Zudem die zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen für Erhaltungszuchten
hat die Niederschlagsmenge in Ostafrika in den letzten 20 Jahren bedrohter Fischarten. Wir können nur immer wieder dazu ermun-
deutlich abgenommen und der Wasserstand des Malawisees ist tern, das Knowhow und die Ressourcen dieser privaten Initiativen
gesunken. wertzuschätzen und aktiv in die Planungen einzubeziehen.“ Dem
globalen Artensterben könne man nur gemeinsam begegnen: mit
chancen durch Zierfischfang den Partnern vor Ort, mit Zoos und anderen wissenschaftlichen
Für die Aquaristik ist er durch die vielen Cichliden bekannt, die Institutionen, aber eben auch mit engagierten und kompetenten
als Süßwasserpendants zu den bunten Fischen der Korallenriffe Privatleuten.
gelten. In dem Millionen Jahre alten Gewässer konnte sich im
Laufe der Evolution diese außerordentliche Artenvielfalt entwi-
ckeln. Ein Katalog von Maßnahmen wird gefordert, denn parallel weitere Informationen unter:
zur Ernennung als „Bedrohter See des Jahres“ sollen auch Wege • GNF – Bedrohter See des Jahres:
aufgezeigt werden, die helfen können. Hier werden eine Sanierung https://kurzelinks.de/bedrohtersee2022
der besonders geschädigten Zonen des Sees genannt, die Schaf- • Fakten zum Thema Wildtier importe:
fung von Problembewusstsein und Steigerung von Fachwissen bei www.Rette-den-Artenschutz.de
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