Page 35 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 03/2022
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1993 konnte ich das erste Mal die zu Tansania gehö-
                rende Nordostküste des Malawisees bereisen, dort
                Lake Nyasa – großes Wasser – genannt. Fünf Wochen
                befuhr ich die gesamte Küstenlinie per Boot und
                tauchte an ausgewählten Stellen (Spreinat 1995).

                Der Ausrüster und Organisator wissenschaftlicher

                Expeditionen, Erling Johansen, zudem Inhaber
                einer  Fischfang-Exportstation,  unterstützte

                mich mit zwei Booten, ortskundigen Führern     1
                und Helfern sowie Treibstoff- und Nahrungs-

                mittelversorgung, während wir über Wochen in

                Gegenden unterwegs waren, in denen es nichts,
                aber auch gar nichts zu kaufen gab.


                Unerforschte Kraterseen
                Nördlich des Malawisees befinden sich einige Krater-

                seen, die zu der Zeit kaum bekannt und noch weniger
                erforscht waren. Einer davon, der Masokosee, ist sehr
                gut zu erreichen, da er direkt an einer kleinen Schotter-  2

                piste liegt. Ein stundenlanger langwieriger Anmarsch

                durch dichte Vegetation, wie bei anderen Seen dieser
                Art, entfiel also. Erling fragte mich, ob ich zum Ende

                meiner Malawisee-Exkursion dort tauchen wollte, ga-

                rantiert als erster Mensch in diesem Gewässer. Was
                für eine Frage! Natürlich wollte ich.

                  Weil mein bewährter Partner Mattayo Jackson, der
                mich bei allen vorherigen Malawisee-Tauchgängen ab-

                gesichert hatte, leider nicht da war, hatte Erling für

                einen erfahrenen Ersatz gesorgt: Omari hatte seine

                Tauchausbildung bei der Marine erhalten und arbeitete

                nun gelegentlich als Aquarienfischfänger.      3
                  Offenbar war er nur vage über den Taucheinsatz in-

                formiert worden. Als ich ihm während der Fahrt erläu-
                terte, dass er meine zweite Unterwasserkamera tragen
                solle und dabei zwar in meiner Nähe bleiben müsse,
                aber kein Sediment aufwirbeln dürfe, fragte er, wo wir
                denn tauchen würden. „Lake Masoko“, erwiderte ich,
                und Omari wurde blass.
                  Er wisse aus absolut verlässlicher Quelle, dass in
                den Tiefen dieses Kratersees ein Ungeheuer hause. Er
                war völlig aufgeregt und nannte mir auch den Namen
                des Monsters, um die Glaubwürdigkeit seiner Aussage
                zu unterstreichen (den ich aber gleich wieder vergaß).
                Niemand habe eine Begegnung überlebt.
                                                                1   Unser Kleinbus brachte uns auch unter schwierigen
                                                                  Straßenverhältnissen immer sicher ans Ziel.
                Verschiedene Fische
                Als ich sah, dass Omari zu zittern begann, war klar,   2  Große Gruppen von Haplochromis sp. „Masoko“ in rund 15 m Tiefe.

                dass ich ihn als Tauchpartner vergessen konnte. Unser   3   Verhaltene, skepti sche Blicke: Ob die Fremden jemals wieder

                Begleiter Alan Bull, ein englischer Bekannter von Erling,   lebend auftauchen werden?




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