Page 81 - terraristik Ausgabe 1/2013
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RECHT IM ALLTAG
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Zwei Echsen stören den Hausfrieden nicht
Exotische Tiere werden in Deutschland zuneh- werden. Dennoch muss der Vermieter nicht ak-
mend beliebter. Gemäß § 2 des Tierschutzgeset- zeptieren, dass giftige oder potenziell gefährliche
zes muss jeder, der ein Tier hält oder betreut, die- Tiere in seinem Mietobjekt gehalten werden.
ses seiner Art und seinen Bedürfnissen entspre- Das Amtsgericht Essen hat etwa 1995 ent-
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chend ernähren, pflegen und verhaltensgerecht schieden, dass alleine das Halten von zwei Barta-
unterbringen. Auch darf die artgemäße Bewegung gamen nicht den Hausfrieden störe. Trotz des „ge-
nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmer- fährlichen“ Aussehens ist die Agame völlig harm- §
zen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Des- los. Solange die Nachbarn nicht beeinträchtigt
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halb müssen vor der Anschaffung eines Reptils und die Wohnung nicht beschädigt würde, sei ge-
Kenntnisse über die Biologie der betreffenden Art gen die Echsen nichts einzuwenden. §
und die sich daraus ergebenden Haltungsanfor- Dem zukünftigen Halter ist daher anzuraten,
derungen erworben werden. Im Vorfeld muss da- im Vorfeld ein offenes Gespräch mit dem Vermie-
her auch abgeklärt werden, ob das Halten dieser ter zu führen, um diesen von der Ungefährlichkeit
Tiere zu Hause von Gesetzes- und Vermieterseite seiner „Exoten“ zu überzeugen.
erlaubt ist. Haben Sie auch eine
Frage an unsere
Generell sind Kleintiere erlaubt. Dies gilt auch Rechtsanwälte?
für exotische Tiere, solange diese in einem Terra- Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, Schreiben Sie uns!
rium gehalten werden können und von ihnen kei- Klein-Winternheim/Mainz, E-Mail:
ne Gefahren ausgehen. Auch dürfen andere Mie- www.tierrecht-anwalt.de redaktion-terraristik@
ter nicht durch Lärm oder Gerüche beeinträchtigt daehne.de
§ Ist das noch Hobbyzucht? Rechtsanwältin Daniela Müller,
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Es gibt für den Terrarianer wohl kaum etwas
Steinhagen/Bielefeld,
Schöneres und Spannenderes zu erleben, als die
www.tierkanzlei.de
Verpaarung der eigenen Tiere und Aufzucht der
Jungen. Wie wunderbar, wenn es einem dann
noch gelingt, die Nachzuchten in gute Hände wei- die Gewerbsmäßigkeit an eine bestimmte Anzahl
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ter zu veräußern. Hier verbirgt sich jedoch ein oft
von Jungtieren pro Jahr an. Bei Reptilien sind dies
unterschätztes Problem: Handelt es sich bei der
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§ § eigenen Zucht noch um eine sogenannte Hobby- mehr als 100, bei Schildkröten mehr als 50 Jung-
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tiere. Zudem wird Gewerbsmäßigkeit bei einem
zucht oder schon um gewerbsmäßige Zucht im
Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 3a TierSchG?
durchschnittlichen Jahresverkaufserlös von 2.000€
Dies ist insoweit wesentlich, als es für die ge-
in der Regel unterstellt. Weitere Indizien für ge-
werbsmäßige Zucht einer Erlaubnis des zuständi-
der Tierbestand, Vielzahl von Verkaufsanzeigen,
gen Veterinäramtes bedarf. Liegt eine solche werbsmäßige Zucht sind Artenvielzahl, wechseln-
nicht vor, handelt der Tierhalter ordnungswidrig Angebot der Nachzucht „auf Bestellung“ sowie
und kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € be- das Anmelden eines Nebengewerbes.
legt werden. Zudem wird das Veterinäramt Zucht Bedarf es hiernach einer Erlaubnis nach § 11
und Handel untersagen und die Tiere unter Um- Abs. 2 TierSchG, sind folgende Voraussetzungen
ständen sicherstellen. zu erfüllen: Sachkunde, Zuverlässigkeit im gewer-
Doch was ist in Bezug auf Reptilien unter ge- berechtlichen Sinne und der Zucht dienende Räu-
werbsmäßiger Zucht zu verstehen? Das TierSchG me und Einrichtungen, die eine artgerechte Hal-
selbst gibt keine genaue Definition vor, die Ent- tung ermöglichen. Weitere Auskünfte hierzu er-
scheidung wird im Einzelfall anhand mehrerer teilt das jeweilige Veterinäramt auf Anfrage gern.
Faktoren bestimmt. Nach der verwaltungsinternen Dies sollte man nutzen, bevor sich unnötiger
Foto: Bambory - Fotolia.com terraristik 1|2013 81
Durchführungsvorschrift zu dem TierSchG knüpft
Kummer einschleicht.