Page 7 - terraristik Ausgabe 1/2013
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sie auch in „Roten Listen“ Deutsch-  sen allgegenwärtigen Bakterien. Tat-  Feuerwanzen brau-
           lands, Österreichs und Luxemburgs als  sächlich sind Echsen, Schlangen und
           gefährdet und in der Schweiz als „ver-  Schildkröten mitunter mit Salmonellen  chen Symbionten
           letzlich“ gilt, rufen die DGHT (Deutsche  infiziert, häufig sogar, ohne krank zur  Die Gemeine Feuerwanze Pyrrhoco-
           Gesellschaft für Herpetologie und Ter-  werden. Meistens tritt eine Salmonelle-  ris apterus könnte neue Erkenntnisse
           rarienkunde) zusammen mit den Part-  ninfektion nach dem Verzehr kontami-  in der Schädlingsbekämpfung liefern.
           nergesellschaften ÖGH (Österreich),  nierter Lebensmittel auf, oft rohe Eier,  Die in Europa weit verbreitete Art, die
           karch (Schweiz), dem Nabu (Natur-    Geflügel, Schweine- und Rindfleisch-
                                                                                     häufig in großen Gruppen unter Lin-
           schutzbund Deutschland) und dem      produkte, Mayonnaise, Kartoffelsalat,  denbäumen zu finden ist, hat zwar kei-
           Musée Nationale d’Histoire Naturelle  Speiseis, kalte Desserts und unge-  nerlei schädliche Auswirkungen auf
           (Luxemburg) die Schlingnatter zum    kochte Lebensmittel. Überträger sind  den Menschen, doch ihre Verwandten,
           „Reptil des Jahres 2013“ aus, erklärt  aber auch Hunde und Katzen.        die Baumwollwanzen aus Afrika, Asien
           DGHT-Vizepräsident Dr. Axel Kwet.       Gefährdet sind vor allem Schwange-  und Amerika, gelten als ernstzuneh-
              Coronella austriaca ist wegen des  re, Kleinkinder, ältere und stark ge-
                                                                                     mende Landwirtschaftsschädlinge. Wis-
           Lebensraumverlustes an vielen Orten  schwächte Menschen. Das RKI emp-     senschaftler am Max-Planck-Institut für
           Europas selten geworden, in Dänemark  fiehlt als wichtigste vorbeugende Maß-  chemische Ökologie in Jena haben
           gilt die ungiftige Art schon seit 100  nahme die „Vermeidung des Kontakts  jetzt herausgefunden, dass diese In-
           Jahren als ausgestorben. Gründe sind  von Reptilien oder deren Exkrementen  sekten bakterielle Symbionten benöti-
           der starke Rückgang ursprünglicher   mit Kleinkindern unter fünf Jahren
                                                                                     gen, um mit Baumwollsamen als ihrer
           oder historisch extensiv genutzter Le-  oder mit Esswaren“.
                                                                                     einzigen Nahrungsquelle zu überleben.
           bensräume. Schutzmaßnahmen wären        Auch die Deutsche Gesellschaft für  Sie entschlüsselten fast 300.000 Ko-
           die Erhaltung und Pflege von trocken-  Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT)  pien von Bakteriengenen und fanden
           warmen Lebensräumen wie Geröllhal-   empfiehlt: „Die Sorge um eine Salmo-  heraus, dass Feuer- und Baumwoll-
           den, Steinbrüche, Bahntrassen, traditi-  nelleninfektion ist bei der Einhaltung  wanzen eine charakteristische bakteri-
           onelle Bewirtschaftung in Weinbergen,  der allgemeinen hygienischen Grund-
                                                                                     elle Gemeinschaft in einer bestimmten
           Vernetzung von Lebensräumen sowie    regeln kein Anlass, auf eine Reptilien-
                                                                                     Region ihres Mitteldarmes beherber-
           die Wiederherstellung von Trocken-   haltung zu verzichten.“ Dies gelte auch  gen. Das Entfernen dieser Symbionten
           mauern und Totholzhaufen.            und insbesondere für Schulvivarien, in  oder ihr Austausch zwischen den Wan-
                                                denen Kindern und Jugendlichen die   zenarten führte zu hoher Sterblichkeit
                                              Foto: Benny Trapp/DGHT Foto: Benny Trapp/DGHT  menhänge der biologischen Vielfalt  und geringem Paarungserfolg.
                                                Achtung vor dem Leben und Zusam-


                                                eindrucksvoll, nachhaltig und einzigar-
                                                tig vermittelt würden. Nur bei nicht
                                                ausreichender Handhygiene kann es
                                                dann zu einer Übertragung auf den                                      Foto: Martin Kaltenpoth/ Foto: Martin Kaltenpoth/ MPI für chemische Ökologie MPI für chemische Ökologie
                                                Menschen (Zoonose) kommen. Darum
                                                sollte man nach jedem Kontakt mit
                                                Reptilien, ihrem Kot oder Terrarienein-
                                                richtung die Hände gründlich mit Was-
                                                ser und Seife waschen oder desinfizie-
                                                ren. Futter- und Wasserschalen sowie
           Reptil des Jahres 2013 ist die Schlingnatter.
                                                andere Teile der Terrarieneinrichtung  Die Gemeine Feuerwanze Pyrrhocoris apterus.
                                                nicht auf Küchenarbeitsflächen oder in
           Angst vor                            der Spüle abstellen und säubern,       In einem nächsten Schritt wollen die
                                                Säuglinge sollten keinen und Kleinkin-  Wissenschaftler herausfinden, ob die
           Salmonellen                          der nur beaufsichtigten Kontakt zu den  bakteriellen Symbionten ihre Wirte mit
                                                Tieren haben. In der Wohnung, beson-  wichtigen Nährstoffen versorgen oder
              Seit einem Bulletin des Robert-   ders im Kinderzimmer und auf Spiel-  schädliche Abwehrstoffe der Pflanze
           Koch-Instituts (RKI), das vor Reptilien  zeug sollten Reptilien keinen Freilauf  entgiften. „Es sind ideale Modellsyste-
           als Salmonellenträgern warnt, verbrei-  haben. Direkter Kontakt mit dem Mund  me, um grundlegende Fragen der In-
           tet sich eine gewisse Hysterie vor die-
                                                sollte vermieden werden.             sektensymbiose zu beantworten, denn



                                                                                                     terraristik 1|2013 7
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