Page 45 - diy Fachmagazin Ausgabe 6/2020
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Also ein Drittel weniger Kunden.    Es war kommunikativ doch
             Was hieß das für den Umsatz?  eine spannende Zeit. Denn in der
                                        Schweiz waren die Gartencen-  3
             Der durchschnittliche Kassen-  ter ja anders als in den meisten
             bon ist im Vergleich zum Vorjahr   deutschen Bundesländern ge-
             um 50 Prozent höher. Dadurch   schlossen, und deshalb standen
             sind die Tagesumsätze zurzeit   wir medial schon sehr im Fokus.
             stabil.
                                        Welchen Schaden hat die
             Wie haben die Kunden ins-  Corona-Krise in Ihrem Betrieb
             gesamt reagiert?           angerichtet?


             Ich habe von einigen Lob er-  Seit der Schließung bis zur Wie-
             halten, die gesagt haben: „Das   dereröffnung konnten wir durch   4
             ist wirklich sauber, wie ihr das   den Distanzhandel zehn Prozent
                                                                   3  Die Abholstation im Gartencenter.
             organisiert habt.“ Viel positive   des Umsatzes machen, den wir
             Rückmeldung gab es auch für   in der Vergleichsperiode des   4  Schöner Schlange stehen: Die Wartezone auf dem Parkplatz war nicht
             die Webcam auf unserem Park-  Vorjahres gemacht haben. Das   nur sauber markiert, sondern auch mit Pflanzen verschönert.
             platz. Hier konnten die Kunden zu   ist natürlich jenseitig – und der   duzieren mussten. Wir haben in   ende damit,die Hälfte oder viel-
             Hause sehen, wie lange die War-  Aufwand war gigantisch.  diesen fünf Wochen alle Fehler   leicht zwei Drittel des üblichen
             teschlange gerade ist. Die wurde                      gemacht, die man machen kann.  Jahresumsatzes zu haben.
             sehr genutzt – einmal ist der Ser-  Warum gigantisch?    Erstaunt war ich über die ho-
             ver sogar zusammengebrochen.                          hen Beträge. Der durchschnittli-  Wie kann ein Unternehmen wie
                                        Weil wir viel zu wenig effizient   che Warenkorb betrug 180 Fran-  Ihres da reagieren?
             Welche Sortimente wurden am   waren. Die Lernkurve war auch   ken. Darin sind allerdings die
             meisten nachgefragt?       hier  steil.  Mein  größter  unter-  Kosten für die Lieferung enthal-  Bisher hat ja noch keiner die
                                        nehmerischer Fehler war, in den   ten, wie wir sie schon zuvor be-  Frage  gestellt:  Welche  alten
             Das Wichtigste für uns war, dass   Jahren zuvor keinen Webshop   rechnet hatten: 20 Franken Bereit-  Zöpfe kann man in dieser Situ-
             unsere eigene Pflanzenproduk-  aufgebaut zu haben. Ich hatte   stellungsgebühr und 1,5 Franken   ation abschneiden? Wir haben
             tion rausgeht. Deshalb haben   wirklich nicht auf dem Radar,   pro Kilometer, denn wir versenden   zum Beispiel angefangen und
             wir die zugekauften Pflanzen   dass ein Webshop einmal ein   nicht per Post, sondern liefern   den Rabatt unserer Kunden-
             reduziert. Im Augenblick haben   Notfallszenario sein könnte.  selbst aus. Und am Anfang hat-  karte gestrichen, müssen uns
             wir auch noch nicht Grill, Garten-                    ten wir auch keine Abholstation.   aber jetzt damit beschäftigen,
             möbel, Geschenkartikel und Bou-  Sie haben also quasi über Nacht   Als wir die eingerichtet haben, ha-  was wir aus der Karte als Kun-
             tique im Verkauf.          einen Webshop aufgebaut?   ben wir die Bereitstellungsgebühr   denbindungsinstrument in Zu-
               Es gibt noch einen anderen                          beibehalten – und das haben die   kunft machen wollen.
             Aspekt: Wir waren zuvor ziem-  Wir  sind  zehn  Tage  nach  der   Kunden akzeptiert.  Oder das Weihnachtsge-
             lich präsent in der Presse als   Schließung  online  gegangen.   Und jetzt stellt sich natürlich   schäft:  Der  Aufwand  für  die
             „die Ärmsten der Armen“, deren   Das ist ja heute nicht so schwer.   die Frage: Machen wir mit dem   Weihnachtsausstellung frisst
             Frühjahrsgeschäft und deren ei-  Jetzt hat in der Schweiz ja selbst   Webshop weiter? Wir behalten   den Ertrag auf. Und das Geschäft
             gene Produktion verloren geht.   die kleinste Dorfgärtnerei einen   ihn vorerst bei.  läuft im November. Warum nicht
             Aber anderen ging es auch nicht   Webshop.                                       danach bis Mitte Februar schlie-
             gut, und so haben wir entschie-  Aber wir haben natürlich am   Wie wird das Jahr 2020    ßen? Die Kunden hätten Ver-
             den: Wir fokussieren uns auf die   Anfang die Sortimente  schmal   weitergehen?  ständnis dafür.
             unbestrittenen Gartenprodukte   gehalten. Doch dann kam die                         Wir müssen uns jetzt mehr
             und verkaufen andere Sorti-  Euphorie  der  Beteiligten,  der   Je nach Szenario – zum Beispiel,   denn je auch mit der Frage be-
             mente nicht, weil andere Händ-  Shop wurde größer, so dass wir   wenn es keine Sommerferien gibt   schäftigen: An welche Dienst-
             ler die auch noch nicht verkaufen   es nicht mehr gut im Griff hat-  und die Menschen im Land blei-  leistung kann ich ein Preisschild
             dürfen.                    ten und das Angebot wieder re-  ben – rechnen wir zum Jahres-  hängen?       n

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