Page 62 - caridina Leseprobe
P. 62
Als Shopbetreiber achtet Thielmann
besonders darauf, dass der Kunde ein
angenehmes Kauferlebnis erhält. „Das
wichtigste Anliegen ist für mich, dass der
Aquarianer die Box aufmacht und sagt
«geile Fische, da bestelle ich wieder». Das
soll kein Werbetext sein, aber das ist mir
wirklich wichtig – darum geht’s.“
Bevor Putin den Krieg angefangen habe,
sei es dem Betrieb gut gegangen. Nun sor-
gen natürlich Energiekosten und Kaufzu-
Ein Becken mit der Orangenkrabbe (Sundathelphusa sp. „orange“).
rückhaltung bei unsicheren Kunden für
eine alles andere als rosige Lage …
Super Wasserwechsel ben wir inzwischen eine gute Auswahl an
Insgesamt hat Thielmann gut 1.300 Arten Spezies, die gut funktionieren.“ Text & Fotos: Oliver Mengedoht
im Shop, 500 bis 600 immer vorrätig. 70 bis
80 Garnelenvarianten schwimmen in den
Becken, dazu jede Menge Schnecken, alles
zusammen wohl 300 bis 400 Arten an Wir-
bellosen. Auf 1.000 schätzt der 45-Jährige
die Gefäße auf seinen 350 Quadratmetern.
Bei Wirbellosen und Garnelen „arbeiten Ich bin gebürtig aus Biedenkopf im Landkreis Marburg-
wir gern mit transparenten Hobbocks“. Das Biedenkopf, liebevoll Hessisches Hinterland genannt. Ich
sind eimerförmige Transportbehälter bis 60 bin Dorfkind, kenne jeden Zweiten hier und fühle mich
Liter Fassungsvermögen. „Wir sind eben hier wohl.
ein reiner Versand und kein Laden und
diese riesigen, durchsichtigen Eimer sind
besser zu handhaben, da kann man super Ich hatte Aquarien, seit ich fünf war. Ich bin auf der Ludwigshütte aufgewachsen
Wasserwechsel machen.“ Tagsüber wür- und unser Haus lag direkt an der Lahn. Ich musste nur die Tür aufmachen und
den die Tiere und Wasser für den Versand war direkt am Fluss und habe sozusagen meine ganze Kindheit in diesem Ge-
entnommen und abends aufgefüllt. Dort wässer verbracht. Ich habe auch mitunter die Schule vernachlässigt und immer
könne man eine Menge Tiere zwischenhal- irgendwas an Viechern beobachtet. Wir haben Fische mit der Hand gefangen oder
ten, ohne dass das Wasser verdirbt und so Laichballen mitgenommen und Kaulquappen „großgezogen“ – das war spannend.
gut die geringe Fläche ausnutzen. Dadurch bekommen Kinder auch eine Verbindung zur Natur und nur, was man
kennt, weiß man auch zu schätzen.
Viel dazugelernt Begonnen habe ich mit Goldfischen, überhaupt nicht spannend. Lebendgebärende
Interaquaristik hat möglichst nur noch fand ich als Kind faszinierend, also ganz normale Guppys! Mein Jugendzimmer
Tiere im Angebot, die gut zu halten sind, war ein Aquarienraum. Während die anderen Konfirmationskinder in der Kirche
erklärt Thielmann. „Auch da habe ich in waren, habe ich geguckt, wie meine Zebrabärblinge gelaicht haben. Ich war
den letzten fast 20 Jahren viel dazugelernt: mein ganzes Leben von Natur begeistert und könnte mir auch heute gar nichts
Man muss nicht jedes Tier haben.“ So führe anderes mehr vorstellen, was ich machen wollte.
er beispielsweise keine Winkerkrabben
mehr, die eben Brackwasser und idealer-
weise ein Gezeitenbecken benötigen. „Was Ich finde alles noch spannend. Ich habe zu Hause zwei Hunde, vier Chinchillas,
an Krabben gut funktioniert, sind Geose- drei Zwergkaninchen, 20 Hühner und baue gerne selber Gemüse im Garten an.
sarma-Arten.“ Leider seien dies Wildfänge, Inzwischen nehme ich mir da Zeit für, aber die ersten 20 Jahre habe ich bald
denn bei einer gewerblichen Zucht käme rund um die Uhr gearbeitet. Das war wirklich sehr anstrengend und gerade am
es wohl auf Preise von 30 € pro Krabbe, Anfang schwierig.
das kaufe keiner. „Am liebsten haben die
Kunden aber aquatile Krabben und da ha-
62 1/2023
CAR2023-01_Buch.indb 62 17.01.2023 14:22:31