Page 45 - Caridina Ausgabe 03/2024
P. 45
Keine Schnecken fressen so gut Algenbe-
läge wie Renn- und Geweihschnecken, aber
ausgerechnet diese kleinen Weichtiere gal-
ten als nicht nachzüchtbar. Viele Neritiden
leben zwar im Süß- bis Brackwasserbereich
der Flüsse, wo sie sich auch fortpflanzen;
allerdings schlüpfen aus ihren Eikokons
schwebende Larven, die von der Strömung
ins Brackwasser der Flussmündungen oder
gleich ganz ins Meer verdriftet werden, wo
sie sich entwickeln. Nach der Metamor-
phose zur fertigen Schnecke wandern die
Tiere in den Flüssen stromaufwärts, und
der Zyklus beginnt von vorn.
In Asien werden Neritiden als wert-
volle Proteinquelle gerne gegessen; aus
den Gehäusen besonders schön gemus-
terter Arten wird Schmuck hergestellt,
und Renn- und Geweihschnecken spielen
als Aufwuchsfresser auch in der Aquaris- Gerne legen Geweihschnecken ihre Kokons auf Hartsubstraten ab.
tik weltweit eine sehr wichtige Rolle. Sie
werden teilweise jedoch so intensiv be- Für die erste Gruppe züchteten die For- Um die Effizienz der Fütterung nach-
sammelt, dass die Bestände in der Natur scher Kieselalgen auf Kunststoffplatten, die zuweisen, untersuchten die Forscher die
als gefährdet gelten. Umso wichtiger wäre zweite erhielt ein handelsübliches Futter Entwicklung der Geschlechtsdrüsen, die
es, diese tollen Schnecken nachzuzüchten! für Riesengarnelen (Penaeus monodon) in allerdings bei der Geweihschnecke so klein
Viele haben es versucht, bisher sind alle Aquakultur, die dritte wurde mit Meersalat sind, dass sie sich nicht einmal unterm
gescheitert. Insbesondere war völlig un- (Ulva lactuca) gefüttert, einer eher wei- Mikroskop gut von der Verdauungsdrüse
bekannt, wovon die Larven sich ernähren, chen, flach lappig wachsenden Grünalge, separieren lassen; daher wurde der Ein-
und auch mögliche Auslöser für die Meta- und die vierte mit Cladophora fascicularis, fachheit halber das Gewicht von Gonaden
morphose zur Jungschnecke waren nicht einer fädigen, eher harten Grünalge. Wie und Hepatopankreas zusammen beurteilt.
erforscht. sich herausstellte, konnten die Geweih-
schnecken mit den harten Fadenalgen ungesättigte Fettsäuren
rätsel geknackt nichts anfangen; halbwegs okay war die Die Forscher fanden heraus, dass die mit
Eine Forschergruppe der Abteilung für Versorgung mit Garnelenpellets, sehr gut Kieselalgen gefütterten C. diadema die
Aquakultur der National Taiwan Ocean gefressen wurden die Kieselalgenbeläge meisten Eikokons produzierten; in der zwei-
University, bestehend aus Huai-Ting Hu- und der wenig gehaltvolle Meersalat. ten Woche waren es 105! Wenig überra-
ang, Hsieh-Yen Lee, Yu-Ru Lin, Yeh-Fang Hu
und Fan-Hua Nan, hat nun dieses Rätsel
geknackt und erstmals erfolgreich die uns
gut bekannte Geweihschnecke Clithon dia-
dema in größerer Anzahl im Labor nachge-
züchtet und ihre Bemühungen genauestens
dokumentiert. Herzlichen Glückwunsch zu
diesem tollen Ergebnis an dieser Stelle!
Der Versuchsaufbau umfasste vier
Zuchtgruppen von je 50 adulten Schnecken Grafik: Huang et al. (2024)/CC BY 4.0
mit einem Gehäusedurchmesser von etwa
9 mm, die jeweils in einem Aquarium von
45 x 45 x 45 cm bei einer Wassertempera-
tur von 25 °C gehalten wurden. Künstliche Nachzuchtmethode für die Schnecken im Diagramm.
3/2024 45
CAR2024-03_Druck_Buch.indb 45 22.07.2024 11:17:32