Page 66 - Caridina Ausgabe 01/2024
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unsere kolumnistin ulli Bauer erzählt aus dem ganz alltäglichen wahnsinn
einer Garnelenverrückten, die sich im online-universum bewegt.
Ullis
Zoff um die Blaubeerschnecke Art. Die Schnecks werden deshalb als Notopala sp. geführt.
Genetisch sind alle Varianten praktisch identisch.
Eine neue Schnecke aus Papua spaltet die Community und Andere Händler führen sämtliche Varianten als Notopala
beschäftigt die Kommentarspalten in den Gruppen der Sozia- sp. „Blue Berry“ und machen in ihrer Artikelbeschreibung
len Medien. Von dieser Schnecke gibt es diverse Standortvari- darauf aufmerksam, dass die Tiere durchaus unterschiedlich
anten; sie ist in ihrer Heimat weit verbreitet und entsprechend gezeichnet sein können, weil es sich um verschiedene Stand-
variabel. Es gibt sie mit fast blauem Körper und wenigen oran- ortvarianten handelt. Es gibt für die Vergabe von Trivialna-
gefarbenen Punkten bis lebhaft orange gesprenkelt. Auf den men bei den niedlichen Wirbellosen übrigens schlicht keinen
Markt kam sie zunächst als Blue Berry Snail – obwohl ich sie ja Standard und damit keine Regeln. Im Prinzip könnte man die
vermutlich Blaue Schlumpfschnecke genannt hätte :-). Schnecken unter jedem beliebigen Namen verkaufen – aber
Findige Händler sahen die Unterschiede, und in einem nicht so mit manchen Aquarianern!
Appell an die Sammelleidenschaft der Menschen wurden die Wenn in den Gruppen nun nämlich jemand eine sommer-
wild gesprenkelten Exemplare flugs umbenannt. Sie machen sprossige Notopala sp. herzeigt und sinngemäß schreibt „guckt
nun als „Orange Spotted Leopard“ die Aquaristik unsicher – mal meine Blue Berry, süß, gell?“, wird derjenige direkt belehrt,
dass er einem Betrug (!!11!!1einself!!!1!) aufgesessen sei und
Foto: Chris Lukhaup „Leopard spottet“ (gerne auch mal falsch geschrieben) handle.
dass es sich hier mitnichten um eine Blue Berry, sondern um eine
Und dass dies eine vollkommen andere Art sei und der böse
Händler den Ersteller des Posts über den Tisch gezogen habe.
Auf die Tatsache der unterschiedlichen Standortvarianten
und der eindeutigen Genetik hingewiesen, wird gerne mal
das Bild vom Schäferhund und vom Dackel bemüht – wenn
man einen Schäferhund kaufe und einen Dackel geliefert
bekomme, sei das ja auch nicht in Ordnung. Also echt mal!
Bei Hunden gibt es Zuchtstandards, die selbstverständlich
verbindlich einzuhalten sind. Da wäre es wirklich Betrug, das
eine als das andere zu verkaufen.
Seit Neuestem wird nun die Forderung erhoben, immer ge-
eine Variante der Blaubeerschnecke mit sommersprossen. wo nau das Tier vom Foto zu verkaufen, damit die lieben Kunden
sortiert man die denn jetzt ein?
nicht betrogen werden können. Ja, Ihr lest richtig: Der Händ-
ler soll bitteschön jede Schnecke einzeln fotografieren, ein-
warum auch immer der Leopard mit seinen wenigen großen stellen und dann auch ganz genau dieses eine Tier ausliefern.
Flecken für die sommersprossige Variante herangezogen Symbolbilder sind nämlich Betrug am Kunden!
wurde … Die Händler lachen immer noch.
Sowohl die Blaubeervariante als auch die Schnecken mit
den vielen Sommersprossen und alle Abstufungen dazwi- Eure
schen gehören jedoch zur wissenschaftlichen Gattung Noto-
pala und zu einer und derselben, leider noch unbestimmten
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