Page 66 - Caridina Ausgabe 2/2022
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unsere Kolumnis�n ulli Bauer erzählt aus dem ganz alltäglichen Wahnsinn

                              einer Garnelenverrückten, die sich im Online-universum bewegt.






                   Ullis













                Systemische Mykose
                „Das ist ein Tisch“ – „Das ist aber doch ein Stuhl, da, es hat eine Lehne“ –
                 „ES HAT VIER BEINE, UND FÜR MICH IST DAS EIN TISCH, DU KLUG-

                 SCHNACKER!“
                 Eine solche Konversation wäre ganz schön verrückt, oder? Mit der sogenann-
                 ten „systemischen Mykose“ bei Garnelen passiert aber genau das. In den
                 Anfangszeiten wurde der Parasit von einer Fachklinik als Pilzinfektion

                 bezeichnet, was sich später allerdings als Irrtum herausstellte.
                 In Wirklichkeit handelt es sich beim Erreger Cladogonium ogishimae  um
                  eine parasitische Alge – aber WEHE, man weist in den sozialen Netzen da-
                  rauf hin, dass die Bezeichnung „Mykose“ überholt und damit nicht mehr
                  richtig ist… da kann man sich dann warm anziehen.
                  Allerdings hat diese Richtigstellung durchaus ihren Sinn: Weil der Parasit eben kein Pilz ist, helfen na-
                  türlich die gängigen Pilzmittel nicht dagegen, und weil nach dem Motto „viel hilft viel“ Substanzen gerne
                  überdosiert werden, wenn die Normaldosis nicht hilft, kann eine solche Fehldiagnose im Aquarium durchaus


                   Also, lasst uns die Kinder bei ihren richtigen Namen nennen und seid nicht eingeschnappt, wenn man Euch
                   gefährlich werden.
                   (natürlich sachlich!) auf einen veralteten Begriff hinweist. So geht man Missverständnissen aus dem Weg


                   und rettet unter Umständen sogar Tierleben.

                   Geklaute Texte
                    Neues aus der wunderbaren Welt der Gruppen in sozialen Medien. Wir alle wissen: Eine Info-Webseite aktuell
                    zu halten, mit sinnvollem Inhalt zu füllen und sie so zu pflegen, dass das alles auch noch nett aussieht, kos-
                    tet Zeit, Geld oder sogar beides. Es hat sich langsam herumgesprochen, dass Fotos nicht geklaut und als eige-
                    nes Material gepostet werden sollten. Aber dass dasselbe Urheberrecht auch für Texte gilt, leider noch nicht so.
                    Keiner verlangt von Euch, dass Ihr wissenschaftlich korrekt zitiert, aber wenigstens ein Link zum Original
                    des von Euch geklauten Textes sollte schon drin sein. Weist man drauf hin, sind akzeptable Antworten „Oh
                    sorry, wusste ich nicht“, „Tut mir leid, mach ich ab jetzt“ oder „Stimmt, danke für den Hinweis.“
                     Nicht akzeptable Antworten dagegen sind „Stell Dich nicht so an“, „Lass ma‘ die Kirche im Dorf“ oder „Das ist


                     Denkt dran: Da hat jemand mit Blut, Schweiß und Tränen dran gearbeitet (ich übertreibe, oder nicht? Gut
                     öffentlich zugänglich, das darf ich.“
                     gemachte Seiten schüttelst Du Dir nicht einfach aus dem Ärmel…). Seid so nett und schätzt unsere Mühe we-
                     nigstens ein bisschen wert. Selbst ein Link hilft uns. Und denkt auch dran: Nette Urheber bitten lediglich um
                     diesen Link, nicht so nette schicken dagegen eine teure anwaltliche Unterlassungserklärung, wenn‘s wirklich



                      blöd läuft.
                                                     Eure



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