Page 52 - Caridina Ausgabe 1/2020
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GARnELE, kREbS & co.







                                                                                      und flinken Futtertieren wie Ruderfußkreb-



                                                                                      sen, Bla�ußkrebsen, aber auch pflanzli-
                                                                                      chem Detritus und Algen vor.
                                                                                        Laut Collins (1998) fressen M. borellii
                                                                                      ausgesprochen gerne „Schwarze Mücken-
                                                                                      larven“ der weltweit verbreiteten, auch bei
                                                                                      uns als Quälgeister bekannten „Gemeinen
                                                                                      Stechmücke“ Culex pipiens. Bei Laborver-
                                                                                      suchen entdeckten inaktive M. borellii als

                                                                                      Futter gereichte Larven innerhalb weniger

                                                                                      Sekunden und fingen sie geschickt mit den

                                                                                      Scheren ihrer ersten Greifarme – das sind
                                                                                      die zweitgrößten (!) und nicht die größten
                                                                                      Scheren – und führten sie den Mundwerk-
                                                                                      zeugen (Mandibeln und Maxillen) zu.
                                                                                        Große M. borellii fraßen innerhalb von
                                                                                      24 Stunden bis zu 40 Larven. Ich gehe da-
            Bei diesem Weibchen                  LÄnGERE SchEREnARME                  von aus, dass sie auch Aedes-Mückenlar-
            sieht man die Eier                   Männchen  erreichen  im  Schnitt  etwa   ven fressen, die Dengue-, Zika- und Gelb-

            deutlich durch den                   69  mm  Körperlänge,  können  aber  bis   fieber-Viren übertragen, sowie Larven der

            dunklen, aber dennoch                zehn  Zentimeter  groß  werden,  während   Anopheles-Mücke, die Malaria und Wur-

            glasigen Panzer am
            Hinterleib.                          die Weibchen mit 32 bis 55 mm deutlich   merkrankungen verbreiten. Im Aquarium
                                                 kleiner  bleiben.  Die  Scherenarme  der   nimmt die M. borellii jedes gängige Fisch-

                                                 Männchen  sind  erheblich  länger  –  sie   und Crustaceenfutter.

                                                 übertreffen ihre Körperlänge – und im Al-
                                                 ter auch dicker als bei den Weibchen; die   wIE SIE SIch vERMEhRT
                                                 Scherengelenke sind leicht bläulich.  Macrobrachium borellii ist auch bezüglich

                                                   Die Schwimmfüße unter dem Hinterleib   ihres „direkten“ Fortpflanzungsmodus für

                                                 sind bei beiden Geschlechtern relativ lang,   die Aquarienhaltung besonders geeignet,
                                                 sodass die Tiere gern schwimmen und auf   weil die Weibchen mehrere Male im Jahr



                                                 Pflanzen herumklettern. Der Stirnfortsatz   große Eier mit einem Durchmesser von et-
                                                 ist kräftig entwickelt und an der Obersei-  wa 2,0 x 2,2 mm tragen. Die Eizahlen sollen

                                                 te mit großen Zähnen besetzt (ich zählte   im Mittelwert bei 53 liegen, können also

                                                 acht  bis  neun),  zwischen  denen  dichte   bei kleineren Weibchen geringer und bei
                                                 Borstenbüschel  auszumachen  sind,  und   größeren höher ausfallen.
                                                 der Unteraugendorn reicht etwa bis zur   Diese Großarmgarnele setzt also keine
                                                 Rostrumspitze.                       Larven frei, die sich erst über verschiede-
              LITERATuR:                                                              ne Stadien zu selbstständig lebensfähigen
              Giuseppe Nobili (1896): Crostacei Deca-

              podi. Bolle�no dei Musei di Zoologia ed   wAS SIE GERnE fRISST          Junggarnelen entwickeln müssen, sondern

              Anatomia comparata della R. Università   Die  natürliche  Ernährung  von  Großarm-  entlässt Babys, bei denen die wesentlichen
              di Torino vol. 11: n. 265, p. 2.   garnelen  ist  normalerweise  stark  vom   Merkmale erwachsener Exemplare bereits
              Pablo A. Collins, & Juan C. Paggi (1997):   Wachstum abhängig: Kleinere Exemplare   weitgehend  ausgeprägt  sind.  Nach  dem
              Feeding ecology of Macrobrachium bo­  fressen anderes Futter als größere. Das ist   Verlassen der Mutter suchen die Jungen


              relli (Nobili) (Decapoda: Palaemonidae) in

              the flood valley of the River Paraná, Ar-  bei M. borellii weniger der Fall. Die Größe   unmittelbar die Uferbereiche auf und le-


              gentina. Hydrobiologia, 362 (1-3): 21-30.  und die Härte der Beute hat laut Collins &   ben dort auf jeder Art Substrat – Pflanzen,


              Pablo A. Collins (1998): Laboratory   Paggi (1997) nur einen geringen Einfluss   Steine, Holz, Laub. Im Aquarium sind die
              evaluation of the freshwater prawn,   auf Beutepräferenzen. Andererseits zieht   Kleinen leicht mit gängigem Futter aufzu-


              Macrobrachium borellii, as a predator   die Art größere und langsamere Beute wie   ziehen und können auch größere Futter-


              of mosquito larvae. Aquatic sciences
              60: 22-27.                         proteinreiche Fliegen- und Mückenlarven   brocken problemlos verwerten.
                                                 sowie Würmer (Wenigborster) kleineren           Text & Fotos: U�e Werner
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       CAR2020-01_Inhalt_Buch.indb   52                                                                              31.01.2020   10:26:04
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