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Garnelen sind seit den späten 1990er-Jahren aus      Garnelen und ihr unglaublicher Formenreichtum.         GARNELEN
der Süßwasser-Aquaristik nicht mehr wegzuden-          Auch die Farbenpracht, die sie teilweise zeigen,
ken, zuvor waren sie bestenfalls als Futtertiere hin   sind Ergebnis dieser Anpassungen an die Anforde-
und wieder in den Zoofachgeschäften anzutreffen.       rungen der verschiedenen Habitate.
Erst danach hat ein regelrechter Boom eingesetzt
und heute gehören sie wohl zu den beliebtesten           Aus der Vielzahl von Garnelen, die weltweit
Wirbellosen in unseren Aquarien.                       vorkommen, gibt es in der Süßwasseraquaristik
                                                       nur Vertreter von drei Gruppen – Zwerggarnelen,
  Die für unser Hobby gebräuchlichen Garnelen          Fächergarnelen und Großarmgarnelen, die man je
gehören aus wissenschaftlicher Sicht zwar zu un-       nach Körperbau und Lebensgewohnheiten unter-
terschiedlichen Gattungen und Familien, was sie        scheiden kann. Auch in ihren Ansprüchen an den
verbindet, ist die Eigenheit, dass sie ihr Leben oder  Halter und ihren Lebensraum sind sich die Tiere
zumindest einen großen Teil davon, vor allem im        innerhalb der Gruppen sehr ähnlich. Fast alle im
adulten Zustand, im Süßwasser verbringen.              Handel angebotenen Arten gehören auch systema-
                                                       tisch gesehen in diese Gruppen, wobei die Zwerg-
  Manche Arten, die sich vom Meer, ihrem ur-           garnelen am zahlreichsten vertreten und auch am
sprünglichen Lebensraum, noch nicht endgültig          beliebtesten sind. Sie haben fast in aller Welt ihren
unabhängig gemacht haben, benötigen für ihre           Weg in die Aquarien und in die Herzen der Aqua-
Vermehrung noch immer Brack- oder Salzwasser.          rianer gefunden.
Diese, zum „primitiven Vermehrungstyp“ zäh-
lenden Arten, produzieren in der Regel sehr viele        Die heute im Handel angebotenen Garnelen
kleine Eier. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven     können sehr unterschiedliche Körpergrößen errei-
werden ins Freiwasser entlassen, wo diese zahlrei-     chen. Zwischen den Zwerggarnelen mit gerade mal
che Entwicklungsstadien in planktonischer Form         15 mm Körperlänge und den Großarmgarnelen
durchmachen. Erst am Ende ihrer Larvenentwick-         der Gattung Macrobrachium, deren Vertreter über
lung gehen sie zu einer bodengeb­ undenen (benthi-     50 cm Körperlänge erreichen können, liegen in ih-
schen) Lebensweise über, wobei sie ab diesem Zeit-     ren Haltungsansprüchen natürlich Welten. Man
punkt wieder ins Süßwasser ziehen.                     kann daher nicht vom typischen Garnelenaquari-
                                                       um sprechen, sondern muss auf die jeweiligen Be-
  Im Laufe der Evolution haben Süßwassergarne-         dürfnisse der Arten oder zumindest Artengruppen
len von den Mündungsbereichen der Flüsse bis hin       eingehen. Für Zwerggarnelen eignen sich bereits
zu den reißenden Gebirgsbächen mächtige Ströme         Becken ab 20 Litern Inhalt, es werden heute auch
und riesige Seen, kleinste Gerinne und selbst Höh-     noch kleinere Becken angeboten, diese haben aber
lengewässer besiedelt. Sie kommen heute von den        schon gravierende Nachteile, weil der kleine Was-
Tropen bis in die gemäßigten Zonen vor, nur die        serkörper gegenüber Temperaturschwankungen in
arktischen Regionen haben sie nicht erreicht. Aus      der Umgebung rasch reagiert und stabile Verhält-
der Vielfalt dieser sehr unterschiedlichen Lebens-     nisse dauerhaft schwer einzustellen sind.
räume resultiert auch die große Variabilität der

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