Page 10 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 05/2022
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Forum
Grafik: Jaime Chirinos
Delfine in der Alpenrepublik
Vor 20 Millionen Jahren schwammen in der Schweiz Delfine. For- Paläontologen untersuchten in einer Studie rund 300 Fossilien
schende des Paläontologischen Instituts der Universität Zürich von Walen und Delfinen aus jener Zeit und konnten an Ohrknochen
haben jetzt zwei bisher unbekannte Arten entdeckt, die mit den dieser Funde zwei Delfinfamilien identifizieren, deren Vorkommen
heute lebenden Pottwalen und ozeanischen Delfinen verwandt bislang in der Schweiz unbekannt waren.
sind. Vor ungefähr 20 Millionen Jahren wurde das Klima immer
wärmer, die Meeresspiegel stiegen an und überschwemmten die Literatur: Aguirre-Fernández, G., et al. (2022): First records of extinct
tiefliegenden Gebiete Europas. Damals war die Schweiz Teil einer kentriodontid and squalodelphinid dolphins from the Upper Marine Molasse
(Burdigalian age) of Switzerland and a reappraisal of the Swiss cetacean
Insellandschaft, die von Fischen, Haien und Delfinen besiedelt war. fauna. PeerJ 10:e13251. www.kurzelinks.de/CH-delfine
Für Selbstlosigkeit gibt es evolutionäre Gründe
Dienste auf eigene Kosten zum Nutzen anderer bezeichnen wir Bei der Individualselektion sind die Pflegehelfer mit der Brut
als altruistisch. Altruistisches Verhalten wird oft als rein mensch- nicht verwandt. Weil aufgrund der Pflegehilfe aber mehr Jung-
liche Errungenschaft empfunden, doch im Tierreich findet man tiere überleben, vergrößert sich die soziale Gruppe und dadurch
die erstaunlichsten Formen solcher Selbstlosigkeit. Zum Beispiel steigen die Überlebenschancen der Pflegehelfer, weil etwa ihr
bei kooperativ brütenden Tiergesellschaften wie bei Buntbar- eigenes Risiko, Fressfeinden zum Opfer zu fallen, abnimmt. Damit
schen aus Ostafrika (Bild: „Prinzessin vom Tanganjikasee“), ei- erhöht sich zugleich die Wahrscheinlickeit, sich später selbst
nigen Säugetieren, zahlreichen Vogelarten und vielen Insekten. erfolgreich fortpflanzen zu können.
In diesen Gesellschaften zeugt nur ein einzelnes, dominantes Umweltbedingungen
Brutpaar Nachwuchs und die anderen Gruppenmitglieder helfen und Alter beeinflus-
bei der Aufzucht. sen diese Selektion.
Tiere, die „selbstlos“ anderen bei der Brutpflege helfen, kön-
nen sich so in der Evolution einen Vorteil verschaffen. Diese Literatur: García-Ruiz, Foto: Michael Taborsky, UniBE
I., et al. (2022): The
„Fremdbrutpfleger“ vererben die Gene, die die Brutpflege steu- evolution of cooperative
ern, über Geschwisterkinder ebenso erfolgreich weiter wie über breeding by direct and
ihre eigenen Nachkommen. Zudem erhöhen sich die Überle- indirect fitness effects.
benschancen von Jungtieren, mit denen man nahe verwandt Science Advances 8 (21):
eabl7853. www.kurze-
ist (die „Verwandtenselektion“). links.de/altruismus
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