Page 26 - Aquaristik Fachmagazin Ausgabe 04/2016
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TITELTHEMA




                                                                             Kolumbien, Brasilien und Peru über viele Einzugsge-
                                                                             biete des oberen Orinoko und des Amazonas erstreckt
                                                                             (kullander 1986 und 2003, Paepke 2003). Innerhalb
                                                                             ihres ausgedehnten Verbreitungsgebiets leben diese
                                                                             Cichliden in ganz verschiedenen Gewässertypen mit
                                                                             voneinander erheblich abweichenden Umweltbedin-
                                                                             gungen. Beispielsweise besiedelt Pterophyllum sca-
                                                                             lare im Amazonasbecken meist Weißwasserbiotope,
                                                                             kommt aber auch im Schwarzwasser des Rio Negro
                                                                             und im Einzugsbereich des Rio Tapajós im Klarwasser
                                                                             vor. Daher wurden in von diesem Buntbarsch besie-
                                                                             delten Gewässern pH-Werte zwischen 4,3 und 7,9,
                                                                             eine elektrische Leitfähigkeit von <10 bis 474 µS/cm,
                                                                             eine Gesamthärte von <1 bis 13 °dGH und eine Kar-
                                                                             bonathärte von <1 bis 16 °KH ermittelt. Die Wasser-
                                                                             temperatur lag zwischen 23 und 32 °C (Staeck 2014).

                                                                             HABITATPRÄFERENZEN
                                                                             Trotz ihrer unterschiedlichen Wasserwerte sind die
                                                                             von Pterophyllum-Arten besiedelten Habitate wegen
                                                                             besonderer Habitatpräferenzen in anderer Hinsicht
                                                                             identisch: Typische Fundorte liegen weniger in Bächen
                                                                             und Restgewässern, sondern vorzugsweise in Flüssen
                                                                             und Seen. Dort sind die Fische aber nicht im Frei-
                                                                             wasserbereich anzutreffen, sondern im Überschwem-
                                                                             mungswald und in den strömungsarmen, ufernahen
                                                                             Randbereichen der Gewässer, wo sie viele Versteck-
                                                                             möglichkeiten finden.
                                                                               Der ungewöhnliche Habitus aller Segelflosser, der
                                                                             bei  gleichzeitiger  Zunahme  der  Körperhöhe  durch
                                                                             eine Verkürzung der Körperlänge, durch eine vertikale
            Bei Pterophyllum   TAXONOMIE                                     Verlängerung der Rücken- und Afterflosse sowie eine
            scalare (hier: Wild-  Gegenwärtig sind nur drei Pterophyllum-Arten aner-  seitliche Abflachung des Körpers entstanden ist, lässt
            fang aus dem Rio   kannt (Kullander 2003, Paepke 2003), zu denen aber   sich als eine im Laufe ihrer Stammesgeschichte ständig
            Ucayali, Peru) sind   noch die eine oder andere bisher nicht genauer unter-  verbesserte Anpassung an einen durch Baumstämme,
            nicht alle Längs-
            streifen sichtbar.  suchte Spezies hinzukommen wird (Kullander 1986,   Äste  und  Zweige  überwiegend  vertikal  strukturier-
                              Staeck 2014). Neben Pterophyllum scalare (Schultze,   ten Lebensraum erklären. Auch das aus senkrechten
                              1823) wurden zwar auch Pterophyllum dumerilii (Cas-  dunklen  Streifen  auf  silbrigem  Grund  bestehende
                              telnau, 1855) und Pterophyllum eimekei (Ahl, 1928)   Zeichnungsmuster erweist sich in dieser von ihnen
                              als weitere eigenständige Arten beschrieben, sind spä-  bevorzugten Umwelt als perfekte, die Körperumrisse
                              ter jedoch als ungültige Synonyme eingestuft worden.   auflösende Tarnzeichnung.
                              Die beiden anderen gültigen Segelflosser-Arten sind
                              Pterophyllum altum (Pellegrin, 1903) und Pterophyl-  JAHRESZEITLICHE VERÄNDERUNGEN DER
                              lum leopoldi (Gosse, 1963).                    UMWELTBEDINGUNGEN
                                                                             Nach der Höhe der zwischen Hoch- und Niedrigwasser
                              ÖKOLOGIE                                       fünf bis über zehn Meter erreichenden Unterschiede
                              Dass Segelflosser bereits 1911 als Aquarienfische in   im Wasserstand und nach der Länge, in der der Ufer-
                              Deutschland lebend importiert wurden, ist nicht über-  bereich von Flüssen vom Hochwasser überflutet ist,
                              raschend, weil die Gattung eine weite Verbreitung hat,   werden drei ökologische Zonen unterschieden: Die
                              die sich über die Guyana-Länder sowie in Venezuela,   jahreszeitlich, ausschließlich während des Hochwasser



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       AQ2016-04_Inhalt_Buch_okay.indb   26                                                                          15.06.2016   11:52:22
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